Wenn Realos (die es in allen Lagern und Zonen gibt) das Wort Lyrik in den Mund nehmen, verstehen sie darunter gefühlige Belanglosigkeiten. So häufig in Parlamentsdebatten und anderen Instituinen („Antragslyrik“: lassen Sie doch jetzt mal den Schmus weg…), so jetzt in der taz Bremen:
Wenn der Vizepräsident der Internationalen Liga für Menschrechte eine Lyrik-Lesung einleitet, wird es nicht um gefühlige Belanglosigkeiten gehen.
Nämlich
Im Gegenteil:
ja, genau! woher wissen die, was ich meine? Eh, was genau ist das Gegenteil von „gefühlige Belanglosigkeiten“?
Der bekannte Rechtsanwalt Rolf Gössner interessiert sich für Rudolph Bauers „Schutzschirmsprache“, weil diese eminent politisch ist.
Eminent politisch, danke! So beschreibt sich eminent politische Lyrik:
Bauer, im Hauptberuf Sozialwissenschaftler, unternimmt mit seinen meist knapp formulierten Versen so etwas wie einen Frontalangriff auf die wesentlichen globalen Problemlagen. Es ist eine im Wortsinn verdichtete Weltbetrachtung, die zwischen New Orleans, Staatsimmunität und Nahost nur wenig rechts liegen lässt. Wobei man die an die „Jungisraeli“ gestellte Frage, „ob sie aus stolz / nicht selbst / anheimgefallen zu sein der vernichtung / berechtigt sich wähnen anderen / aufzubrennen das biblische kainsmal“ durchaus für deplatziert halten kann.
Ja, kann man. Bzw. für „Lyrik“ im Sinne von gefühlvollem Stammtischgeschwafel.