6. Total bekloppt

In der Süddeutschen Zeitung vom 23.6. schreibt Felix Stephan über

gleich zwei grundlegende Missverständnisse …, von denen die Urheberrechtsdebatte in Deutschland immer noch begleitet wird. Erstens gibt es beim Urheberrecht weder ein ‘Sie’ noch ein ‘Wir’, sondern lediglich eine Gesellschaft, die vor dem Hintergrund neuer technologischer Bedingungen neue Formen des wirtschaftlichen Zusammenlebens finden muss. Und zweitens geht die Vorstellung fehl, dass die Verleger bei der anstehenden Neuausrichtung ihrer Geschäftsmodelle auf die Expertise der digitalen Pioniere, wie sie sich im Milieu des CCC und der Piratenpartei tummeln, verzichten könnten. …

Die wichtigsten Entscheidungsträger der deutschen Buchwirtschaft suchen ihr Heil indes noch immer in fatalistischer Kriegsrhetorik. In der Eröffnungsrede erklärte etwa der Vorsteher des Börsenvereins Gottfried Honnefelder, dass er es nach den Unterschriftensammlungen der ‘Tatort’-Autoren und der ‘Urheber’ begrüße, ‘dass die Fronten jetzt klar sind’. Der Hanser-Verleger Michael Krüger unterstellte den Piraten eine ‘unheilige Verachtung der Kunst’, attestierte der Gegenwart insgesamt eine ‘Raserei ohne Zentrum, ohne Ziel, ohne Utopie’, erblickte außer dem ‘Triumph der Entsinnlichung’ noch die ‘Enteignung der stolzen Gemeinschaft der Ichs’ und erkannte im iPad eine der ‘Zerstreuungen des Netzteufels’. Und die wunderbare Schriftstellerin Sibylle Lewitscharoff setzte sich für die Praxis ein, vierzehnjährige Kinderzimmer-Downloader anwaltlich abzumahnen. Außerdem befand sie, dass in unserer Welt ausschließlich dasjenige wertgeschätzt werde, was Geld koste. Lewitscharoff apodiktisch: ‘Ich hasse kostenlos.’

Ob man kommende Lesergenerationen allerdings gewinnt, indem man ihnen ‘Schwarmdummheit’ (der Vorsitzende des Schriftstellerverbandes Imre Török) und eine ‘Aufmerksamkeitsdefizitskultur’ (Michael Krüger) attestiert, darf bezweifelt werden. Solange die deutsche Kulturelite auf diese Weise mit dem jungen Lesepublikum umgeht, wird sich die Piratenpartei um neue Wähler nicht sorgen müssen. /

Und noch drei schöne Sätze aus dem Artikel:

Und während woanders neue Einnahmequellen erschlossen werden, verweisen deutsche Verleger trübsinnig auf Zeiten, in denen es das alles noch nicht gab, und zitieren Hölderlin. …

Die deutschen Verleger müssten sich weniger vor der Zukunft fürchten, wenn sie aufhörten, ihre potenziellen Kunden mit Bezichtigungen und Klagen zu überziehen, und stattdessen auf ihre Bedürfnisse eingingen. …

Als Gunter Dueck kürzlich bei einem Vortrag auf die ‘Haptik des Buches’ zu sprechen kam, meldete sich ein Sechzehnjähriger im Publikum und berichtete vom Haptischsten, das er sich überhaupt vorstellen könne: dem iPad 2.



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