6 Monate in Indien: Die Geschichte einer großen Liebe

Erstellt am 9. September 2010 von Katerwolf

ein paar geschichten aus meiner zeit in indien habe ich noch…

ich denke heute noch darüber nach, was mich dazu bewogen hat, 6 monate am gleichen ort zu bleiben, in rishikesh, anstatt, wie geplant, das land zu bereisen. vermutlich ist die antwort darauf gar nicht schwer. denn gleich an meinem ersten tag in rishikesh traf ich dort einen menschen, der es mir unmöglich machte, diesen ort zu verlassen. verrückt, ich weiß. aber so ist sie, die liebe. sie schlug in mich ein wie der blitz und fesselte mich mit einer intensität, die ich so vorher noch nicht erlebt hatte. und so wurde aus meiner geplanten pilgerreise zur quelle des ganges eine reise zu meiner inneren quelle, nennt es schicksal!

ich habe die geschichte noch nicht oft erzählt, vielleicht 3, 4 mal, habe sie immer gehütet wie ein geheimnis, aber manche geheimnisse sind dazu da, sie zu lüften, anstatt sie mit ins grab zu nehmen. vor allem geschichten von der großen liebe

kurz vor meiner abreise nach indien habe ich meinen damaligen freund und späteren ehemann, mittlerweile ex-ehemann, kennengelernt. die beziehung war noch nicht weit fortgeschritten, so dass mein entschluss, die reise anzutreten, nicht in frage stand. wir sagten uns tschüss und zumindest mir war nicht klar, ob wir uns wiedersehen. das abenteuer rief mich! ich war zu dieser zeit schon lange intensiv mit indien, seiner philopsophie, religion, musik, kultur und geographie verbandelt. ich studierte ethnologie, religionsgeschichte und südasienkunde. seit vielen jahren praktizierte ich yoga und ließ mich nur zu gerne zu veranstaltungen locken, bei denen ferne, buddhistische mönche sprachen und den blick auf etwas öffneten, das mir gleichermaßen geheinnisvoll wie erstrebenswert erschien. indien hatte schon immer, seit meiner jugend, einen reiz auf mich ausgeübt. ich war immer auch bodenständig, lebte mein leben in vollen zügen aus und ging für mein leben gerne aus und schlug mir die nächte um die ohren, aber dennoch, irgendwo im fernen himalaya bimmelte ein kleines glöckchen, das ich nicht überhören konnte. irgendwann stand für mich fest: ich musste dahin.

ein paar tage vor meiner abreise hatte ich einen traum, der mich völlig durcheinanderwirbelte: ich stand in einer wüstenlandschaft, alleine. plötzlich hörte ich in der ferne das donnern von hufen und sah eine sich rasch nähernde sandwolke auf mich zurasen, die ich beim näherkommen als 7 reiter erkannte. sie waren in weiße gewänder gehüllt, ihre gesichter hinter einem tuch verborgen. abrupt blieben sie vor mir stehen. ich war sehr aufgeregt und hatte auch angst und bat sie, sich mir zu zeigen. der mittlere reiter enthüllte daraufhin sein gesicht und zum vorschein kam ein markantes, dunkles antlitz mit einem schwarzen bart und dichten, schwarzen haaren. die dunklen augen glühten wie kohlen. das bild war so stark, dass ich davon völlig verwirrt und erregt aufwachte. es ließ mich nicht mehr los.

warum ich das erzähle? deshalb: an meinem 1. tag in rishikesh ließ ich mich durch die gassen treiben, tauchte in das bunte leben auf der straße ein und setzte mich schließlich zur rast auf eine kleine mauer an der straße. ich ließ meinen blick über den ganges schweifen, als mich mit einemmal eine intensive unruhe ergriff, ich wurde immer nervöser. aus der menge tauchte ein mann auf, der sich dicht neben mich stellte und auf mich heruntersah. ich sah zunächst nur seine weiße kleidung, die auf einen heiligen mann schließen ließ. in rishikesh lief jeder 2. so herum, das ist dort ein gewohntes straßenbild. dann aber blickte ich hoch und sah: den mann aus meinem traum.

jaja, die spinnt, denkt ihr jetzt, klassischer fall von spiritueller verblendung. aber es war so. er sah genauso aus, wie der mann aus meinem traum. ich starrte ihn an wie eine erscheinung und war völlig fassungslos. wie eine debile irre stotterte ich: „this can´t be true. you look like someone, I know from a dream.“ I know„, sagte er einfach, streckte mir seine hand hin, nahm meine hand und nahm mich gleich ganz mit. während ich hinter ihm hertappte, dachte ich: „ich hab nen totalen knall. jetzt bin ich 1 tag in indien und latsche im dunkeln einem völlig fremden hinterher, von dem ich auch noch glaube, dass er mir vorher erschienen ist. wenn DAS meine eltern wüssten.“ trotzdem ging ich weiter. er hatte im ort einen kleinen ashram und dorthin gingen wir. er kochte tee, wir setzten uns auf eine matte und fingen an zu reden. wir redeten die ganze nacht. danach war klar, dass ich nicht zur ganges-quelle pilgern würde. außerdem war klar, dass ich vollständig und unerklärlich mein herz verloren hatte. so etwas war mir in dieser form noch nie passiert. so verlor ich also an meinem 1. tag in indien mein herz und gewann es in den nächsten 6 monaten wieder zurück, gereinigt und glücklich und voller wunder.

ich verbrachte die zeit in rishikesh auf vielfältige weise. ich machte eine ausbildung zur yogalehrerin, lernte sitar und tabla und klassischen indischen gesang, machte ausflüge in die nähere umgebung, verbrachte viel zeit im großen shivananda-ashram, suchte in mir nach allem, was mir wichtig erschien und fand vieles davon auch. ich lernte die unterschiedlichsten menschen kennen, touristen, einheimische, heilige. ich saß stunden am gangesufer und ließ meine gedanken mit der strömung treiben.

und ich liebte balkrishnan. er hatte viel zu tun in seinem ashram, ich verbrachte aber täglich einige stunden bei ihm und manchmal saß ich einfach nur auf der kleinen bank in seinem sonnigen hof und fühlte mich 100 % wohl. noch nie zuvor und auch nur wenige male seitdem hatte ich dieses gefühl, zur richtigen zeit am richtigen ort zu sein, mit dem richtigen menschen. ein wunderbares gefühl. ich ließ mich fallen und fiel in den kelch einer lotusblume und dort lag ich, sonnenbeschienen und dachte: “ so ist das paradies.“

hört sich jetzt saukitschig an, ich weiß, ist mir aber egal, es war so und punkt.

es war eine wunderbare zeit, eine der schönsten in meinem leben, eines der wunder meines lebens. wir schmiedeten pläne. ich schmiedete pläne. davon, dass ich wiederkommen und mit ihm den ashram weiterführen würde. er als meditationsmeister, ich als yogalehrerin. ich sah uns im geiste im hohen alter glücklich und zufrieden auf dem sonnigen bänkchen im hof sitzen, ich spielte sitar, sang, vögel ließen sich zu unseren füßen nieder und die welt erstrahlte in ihrem glanz

er war klüger. und sagte mir, dass ich wieder nach hause und in mein normales leben zurückkehren würde und wir uns vermutlich nie mehr wiedersehen würden. das erschien mir unfassbar und ich reagierte entrüstet darauf. er schwieg und genoss die zeit mit mir. zeit, die ich einfach völlig vergaß, so weit, dass ich eines morgens auf der suche nach meinem pass mein flugticket in den händen hielt und bei der gelegenheit feststellte, dass am gleichen abend mein rückflug sein sollte. ich brach in panik aus, war völlig verzweifelt und wollte nicht weg. wieder war er klüger und redete mir zu und brachte mich zum busbahnhof. während ich in totaler aufruhr im bus saß, kam er noch einmal zu mir und flüstert mir ins ohr: „don´t worry. everything will be ok.“ dann fuhr der bus los. und ich in mein normales leben zurück. denn es kam, wie er sagte. anstatt, wie geplant, alles in deutschland aufzulösen und nach indien zurückzukehren, wartete mein freund auf mich am flughafen. ich hatte ihn fast völlig vergessen. er wartete auf mich und schwor mir seine ewige liebe und nach ein paar wochen war ich davon überzeugt, ihn doch auch zu lieben und indien rückte langsam aber sicher in weite ferne. mein mut war, auf heimischen boden zurückgekehrt, auf erbsengröße geschrumpft. ich blieb und wurde sehr schnell schwanger und wir heiraten. hört sich jetzt nach einem happy end an, oder? war es aber leider nicht. vielmehr entpuppte sich mein mann als partysüchtiger, arbeitsscheuer wirrkopf, der mich mit der gefühlten gesamten weiblichen bevölkerung berlins betrog und mich schließlich, nach 7 jahren, mit kind sitzen ließ. vom himmel in die hölle.

aber so ist das leben. himmel, hölle, himmel, hölle, himmel….ich war seitdem noch ein paarmal im himmel und auch ein paarmal in der hölle. dennoch sind es solche wunderbaren erlebnisse, die das polster des glücks im stürmischen auf und ab des lebens bilden. ruhekissen, auf die man immer wieder zurücksinken kann und sich einfach mal darin badet. das leben ist schön


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