Die Lehre vom Dichter als Seher findet in Rilkes «Erster Duineser Elegie» zum rein pathetischen Ausdruck und lebt fort in Gottfried Benns Aberglauben, Walter Hasenclevers Horoskopen, Elsa Lasker-Schülers Stern-Signaturen und Hermann Hesses Zahlenmagie. Die endgültige metaphysische Ausnüchterung erfolgt im Zeichen Neuer Sachlichkeit nach dem Zweiten Weltkrieg. Kunst wird nun zur Technik, Magie zur Mache, Vorsehung zum Zufall. Davon kündet Friedrich Kittlers selbstgebastelter Synthesizer ebenso wie Hubert Fichtes Wortfeld-Mathematik oder Robert Gernhardts Stachelschweinborsten-Poesie (aus dem Vorraum grüsst ratternd Hans Magnus Enzensbergers Poesieautomat herüber). Persönliche «Schicksalsstücke» haben u. a. Arno Geiger, Brigitte Kronauer, Martin Walser und Bazon Brock beigesteuert – als «Zufälle», an denen sie sich abarbeiteten, bis ihnen daraus ein Sinn entwuchs. / Andreas Breitenstein, NZZ 11.6.