Dies alles sei voran geschickt, um klar zu machen, dass Zieger nichts mit den (zu) späten Debütanten gemein hat; er hat bisher ein nicht unerhebliches Werk verfasst, das einer größeren Öffentlichkeit freilich überwiegend verschlossen geblieben ist.
Ein Blick auf seine lyrischen Texte zeigt sofort, dass hier ein ästhetisch geschulter Autor am Werke ist, der weniger im Referenzraum gegenwärtiger Postmoderne zuhause ist, als in den Stimmen, Stimmungen und Strömungen der Moderne, die aus dem zwanzigsten Jahrhundert weisen. Im Gegensatz zu vielen anderen heutig Schreibenden reklamiert Zieger nichts artistisch Neues für sich und seine Gedichte. Sie stehen in einem variablen Sprechmodus und können in ihren besten Momenten Klarheit für sich beanspruchen, und die sich daraus ergebende Schönheit des Augenblicks: „in den monaten oktober, november,/zuweilen im januar machten wir den spaziergang/entlang der sümpfe vor séte,//wir überließen uns dem wind,/die wasseroberfläche spiegelte den himmel,/wie es ihn sonst im jahr nicht geben kann,//minuten saßen wir irgendwo drinnen, tranken etwas, blickten hinaus auf das meer/oder lehnten aneinander.“ In einer Reihe von Texten tritt eine Entrücktheit vom Alltäglichen hervor, die die Dinge jenseits des Profanen aufzeigt. Den Dingen werden Fähigkeiten und Eigenschaften zugesprochen in einem dichterischen Akt, und jene brüchigen Beziehungen, die Menschen eingehen um diese Dinge herum, in ihnen, mit ihnen und aus ihnen, vermag Zieger einen „poetischen Sinn“ einzuhauchen. / Tom Schulz, fixpoetry
Ulrich Zieger: Aufwartungen im Gehäus. Edition Rugerup. Berlin / Hörby, Schweden. 2011.