Diesen Bericht muss ich nachtragen. Im Dezember, als dieses Tasting eigentlich statt gefunden hab, bin ich erst nicht dazu gekommen und hab ich ihn dann vergessen. Unter den Tisch fallen soll er aber nicht, deswegen sei er hiermit nachgeholt.
Wie bereits erwähnt wollte ich dieses Tasting nicht versäumen. Die Entwicklung im Bereich Whisky macht ja immer weniger Spaß. Die Nachfrage zieht weltweit nach wie vor an und die Destillerien kommen mit dem Liefern nicht mehr nach. Als Konsequenz hauen sie ihren Stoff immer jünger raus, verzichten dabei aber auf Altersangaben und geben ihren Abfüllungen stattdessen lieber blumige Namen und im gleichen Zug auch satt höhere Preise. Sprich: die Standards werden schlechter und teurer. Der richtig geile Stoff wird gleichzeitig nicht nur seltener, sondern ist überwiegend nur noch für Summen zu haben, die jenseits meines persönlichen Budgets liegen. Es gibt demzufolge immer weniger, das ich mir mit Spaß und Genuss ins Regal stellen mag. Dass inzwischen die ersten unabhängigen Abfüller den Laden dicht machen, weil sie keine brauchbaren Fässer zu vertretbaren mehr erhalten, macht es nicht besser.
Eine der großen Ausnahmen ist für mich die Single Cask Collection aus Österreich. Nicht nur, weil die Abfüllungen über die gesamte Range ausnahmslos einen hohen Qualitätsanspruch haben. Sondern vor allem auch, weil man sie hier nach wie vor noch zu vertretbaren Preisen bekommt. Zwar merkt man auch hier, dass die Fasspreise angezogen haben. Aber wenigstens wird hier von Seiten des Abfüllers kein Phantasiebonus draufgeschlagen. Hier kauf ich also nach wie vor ein.
Irische Whiskeys bekommt man kaum in Fassstärke, was diesen hier aus dem Bourbon Hogshead schon mal zu einer Besonderheit macht. Sehr schön in der Nase, mit Grünem Apfel, etwas Honig und mit ein paar Tropfen Wasser noch gerösteten Nüssen. Der Geschmack ist der Fassstärke entsprechend kräftig, dabei aber nicht alkoholisch, mit deutlichen Fruchtnoten in Richtung Apfel und Birne, die in einen mittellangen, malzigen Abgang ausklingen. Insgesamt eher sommerlich, aber schon genau meine Richtung. Mein einziger Kritikpunkt wäre, dass der Abgang einen Tick länger sein könnte, aber das ist wohl auch dem Alter geschuldet.
Diese Abfüllung gibt es aktuell nicht mehr, das war ein Reserve, die nur auf Wunsch von Marco nochmal ins Tasting gekommen ist. Der Bladnoch wurde in mehreren Bourbonfässern gelagert und überrascht mich geruchlich mit Noten, die leicht an Wein erinnern. Dazu gibt es Gras und nach einiger Zeit etwas Met. Auch im Mund schmeckt er erstmal krautig. Der Geschmack kommt insgesamt eher spät und ist relativ komplex, ohne dass eine Komponente deutlich herausstechen würde. Im Abgang wird er leicht bitter und trocken, ganz spät erinnert das an Weingummi. Vermutlich ist der richtig gut, aber mit leicht angeschlagener Nase überfordert der mich leider gerade.
Die Tastingnotes von SCC sprechen von „viel frischen Früchten, Aprikose und Apfel vielleicht“. Ich riech die nicht und die anderen am Tisch auch nicht. Meine Assoziationen gehen eher in Richtung Gewürze (Kümmel?) oder Leder, weswegen die Frage aufkommt, ob wir hier wirklich den beschriebenen Whisky im Glas haben. Der Geschmack ist herb, kräftig und etwas holzig, im Abgang kommt eine malzige Süße durch. Schöne Kombination aus eigenem Charakter und Trinkbarkeit, kann ich mir sehr gut am späten Abend in einer gemütlichen Bar vorstellen.
Ich hab nicht nur einmal erwähnt, dass Longmorn eine alte, verlorene Liebe von mir ist. Da muss ich immer probieren, um vielleicht etwas zu finden, was an die ehemalige 15jährige Originalabfüllung erinnert. Im Glas muss erst mal die Assoziation zu Lösungsmittel verfliegen, was auch schnell passiert. Danach gibt es einen voluminösen Geruch mit Trockenfrüchten, Kokos und einem Hauch Marzipan. Das ist schon mal super. Der Geschmack ist kräftig und wärmend, ebenfalls mit Trockenfrüchten und dunkler Schokolade. Mit etwas Wasser bekommt er auch eine Schmelzigkeit, die genau in die Richtung der alten OA geht. Dahinter kommt ein langer Abgang mit einer Ledercouch im englischen Herrenzimmer, die ganz zum Schluss in einen süßen Nachhall übergeht. Super! Der kommt heute Abend mit mir nach Hause!
Die Österreicher mussten zur Essenspause leider den Heimweg antreten, deswegen gab es nach dem Essen noch ein paar andere Abfüllungen. Allerdings spüre ich jetzt auch deutlich die Schleimhäute und kämpfe deswegen ziemlich damit, noch halbwegs brauchbares zu erschmecken. Dieser Springbank war sehr deutlich im Sherryfass – soweit ist das einfach – und zwar in einem, das nicht nur wenig Schwefel enthalten hat, sondern vor allem auch einen eher herben als süßen Sherry. Die Süße fehlt auch im Geschmack, der dafür kräftige Ledernoten bringt. Diese Kraft bleibt auch im Abgang erhalten. Insgesamt eher rau als zart, dabei aber sehr stimmig und mit gut eingebautem Sherry, der den Springbank nicht erdrückt. Gefällt mir.
Hier ist die erste Assoziation kein Sherry, sondern (ähnlich wie beim Longmorn) erstmal Lösungsmittel. Er braucht etwas Zeit im Glas, bis er typischer wird. Dabei geht auch der hier in die Richtung kräftig und würzig statt süß. Diesmal gibt es auch deutliche Schwefelnoten. Dadurch wirkt er insgesamt noch ruppiger als der Springbank. Im Abgang meine ich noch Zitrone zu erahnen, aber viel geht bei mir leider nicht mehr.
Wenn es noch einen Whisky gibt, der jetzt noch durchkommt, dann ein Laphroaig. Nicht irgendeiner, sondern laut Marco (von dem diese Flasche stammt) der beste, den er je im Glas hatte. In der Nase wenig überraschend Torf, dazu kalter Rauch. Das erinnert an einen ausgebrannten Grill. Der Geschmack ist kräftig, aber gleichzeitig auch sehr rund, der Sherry kommt mit rein. Dahinter ein langer, langsamer Abgang in Richtung Süße, bei der der Rauch aber immer wahrnehmbar bleibt. Vermutlich wirklich richtig geiler Stoff, den ich aber nur noch erahnen kann.
Trotz der eingeschränkten Wahrnehmung ein feiner Abend, bis nach Hause hab ich es immerhin noch geschafft. Besonderer Gruß und Dank geht nach Österreich!