In der Sonntagszeitung gibt’s ja immer die Prospekte der üblichen “Elektronikfachmärkte” zu bestaunen. Bei der Masse an Kameraangeboten könnte man denken, dass inzwischen einfach jeder eine Spiegelreflex besitzt. Und jedes Mal könnte ich mich darüber aufregen, was für Kamera-Kits sie da im Angebot haben. Da wird immer schön aufgezählt, was für ein toller neuer Bildprozessor in der Kamera steckt. Und man kann tolle sechs Bilder pro Sekunde damit schießen. Und dann gucke ich auf das mitgelieferte Objektiv und sehe jedes Mal diese absolut nutzlosen “Reiseobjektive”. Mit 50-fachem Zoom, damit man auch bloß keinen Meter laufen muss, um vom heimischen Balkon aus die Palmen auf Mallorca fotografieren zu können.
Bereits mit der kleinsten Spiegelreflexkamera (egal ob von Canon, Nikon oder Sony) hat man ein tolles Gerät in der Hand, mit dem man sehr viel anstellen könnte – hätte man nicht so eine Gurke davor kleben. Denn was nützt die neue Kamera mit dem tollen Sensor und den tollen Funktionen, wenn ein schlechtes Objektiv den Sensor schon von Anfang an mit schlechtem Quellmaterial versorgt. Nicht nur die Bildqualität ist oft schlechter, sondern auch die maximale Blende von meistens nur f/5.6 im Telebereich ist wirklich kein Hit.
Ich empfehle jedem Einsteiger, sich lieber eine günstigere Kamera zu kaufen und das gesparte Geld in ein besseres Objektiv zu investieren. Und da gibt es ein Objektiv, das meistens eher unbemerkt bleibt und das aber jeder Einsteiger besitzen sollte: das Normalobjektiv mit 50mm Brennweite. Dürfte ich nur ein einziges Objektiv auf eine Hochzeit mitnehmen, würde ich das 50mm wählen! Wenn ich meine Fotos angucke, stelle ich immer wieder fest, dass ich mindestens 75% davon mit dem 50mm gemacht habe.
Canon hat übrigens drei verschiedene Objektive für diese Brennweite im Angebot. Und für alle drei kann man guten Gewissens eine Kaufempfehlung aussprechen:
Canon EF 50mm f/1.8 Mark II
Canon EF 50mm f/1.4 USM
Canon EF 50mm f/1.2L USM
Ist man auf einen schnellen Fokus angewiesen (z.B. bei Hochzeiten, Sport, Kindern ), sollte man unbedingt das f/1.4 oder f/1.2 wählen. Ist die Geschwindigkeit egal, kann man sich ruhig das f/1.8 zulegen, das mit gut 100€ auch ein echtes Schnäppchen ist. Das f/1.2 ist mit etwas über 1.500€ Straßenpreis eher für den Profibereich gedacht. Aber eine Hochzeitsreportage in dunklen Kirchen sollte damit wirklich kein Problem mehr sein.
Übrigens: für Porträtfotografie-Einsteiger ist das 50mm schon allein deshalb interessant, weil 50mm an einer Kamera mit Crop-Sensor (z.B. Canon EOS 60D, 550D) zu wunderbaren 80mm werden und sich somit ideal für typische Porträts eignen. An einer Kamera mit 35mm-Sensor (z.B. Canon EOS 5D) hingegen hat man den großen Vorteil, dass ein 50mm-Objektiv genau das einfängt, was man auch mit den eigenen Augen sieht und man auch in engen Räumlichkeiten (z.B. Standesämter) den Überblick behält.
Also, lasst das Kit-Objektiv im Karton und holt euch ein 50mm. Bereuen werdet ihr es nie. Und mit den Füßen zoomen ist auch noch gesund!