5.000 Euro für lebenslanges Leid

Es ist ein Schlag ins Gesicht der Betroffenen: Die katholische Kirche wagt es, jedem minderjährigen Opfer sexuellen Missbrauchs eine Entschädigung in Höhe von bis zu 5.000 Euro anzubieten.

5.000 Euro entsprechen nicht einmal dem Monatsgehalt eines Bischofs!

5.000 Euro für lebenslanges Leid

“Außerdem soll es einen Präventionsfonds geben, der mit 500.000 Euro ausgestattet wird.” (tagesschau.de)

Was soll damit bezahlt werden? Die kommenden 10.000 Opfer sexueller Gewalt von Priestern? Schon mal Geld auf die hohe Kante legen für zukünftige Missbräuche? Sozusagen: Spargeld für Sex und Prügel in der Zukunft?
Oder verstehe ich das Wort “Prävention” falsch?

“Teilnehmer des Runden Tisches berichten jedoch, dass über die Details eines solchen gemeinsamen Fonds noch große Unklarheit herrscht. Wer den Fonds speist, ist offenbar ebenso offen, wie die Frage, wofür der Fonds genutzt werden soll…” schreibt dazu evangelisch.de. Daraus könnte man ableiten, dass das Getöse der kathohlischen Kirche eigentlich gegenstandslos ist.

“Vertreter von Opfern sexuellen Missbrauchs hatten einen pauschalen Betrag von rund 82.000 Euro gefordert, Gerichte verhängen üblicherweise Entschädigungen von 5000 bis 10.000 Euro je Opfer” so Spiegel online. Das “Angebot” der katholischen Kirche kam ohne Rücksprache mit dem – an sich schon sehr strittigen – Runden Tisch. Das bedeutet: selbst die dort erhobenen Minimalforderungen waren den romabhängigen Herren zu hoch. Und so können sie – wenn der Runde Tisch sich nicht einig wird – sich selbst auf die Brust klopfen und davon schwadronieren, dass sie ja schließlich… Damit setzt die Missbrauchskirche die Tradition fort: Keine Verantwortung für eigene ethisch verwerfbare Taten übernehmen aber in so genannten Moralfragen ungefragt ihren Senf abliefern zu wollen.

Noch einmal Spiegel online: “Angaben über die zu erwartende Zahl an Anträgen kann die Bischofskonferenz noch nicht machen. Gerechnet wird mit “einigen Tausend” – es gebe aber noch keine genauen Opferzahlen. Dies liegt auch daran, dass noch keine einheitlichen Daten aus den einzelnen Bistümern vorliegen.”

Nein, das liegt vor allem daran, dass es der Kirche noch immer darum geht, so viel wie möglich unter den Teppich zu kehren, zu verheimlichen und sogar Schweigegeld zu zahlen.

TAZ: “Die katholische Kirche weiß schon, was sie will. Die Bischöfe übernehmen die Kosten für Therapien. Rückwirkend Therapien zu zahlen, das lehnt mancher Bischof ab. Dabei haben Betroffene oft zehntausende Euro für die Behandlung ausgeben. [...] Für die Öffentlichkeit ist indes nur eine Frage wichtig: Wie viel Geld bekommen die Opfer?” Was die Öffentlichkeit dabei denkt oder sagt ist ziemlich gleichgültig. Es kommt allein auf die Stimmen der Opfer an!
Wenn diese verdammten und verdammenswürdigen Bischöfe der Meinung sind, nun, nachdem Leben zerstört sind, einige der Opfer bereits verstorben, sich die Weste rein waschen zu können: sie irren. Sie irren gewaltig!
“Die wenigsten der Betroffenen reden an den Nottelefonen über Entschädigung, erzählt Christine Bergmann. Sie wünschen sich Beratung und Therapiemöglichkeiten. [...] Sie wollen, dass man ihnen endlich glaubt.”

So wie in Regensburg?

Raju Sharma, der religionspolitische Sprecher der Fraktion DIE LINKE im Bundestag sagt dazu: „Es ist anzuerkennen, dass sich die Kirchen nun auch in finanzieller Hinsicht ihrer Verantwortung für die Missbrauchsfälle stellen wollen. Jedoch wird das Konzept, das die Bischofskonferenz heute vorgestellt hat, den Anforderungen nicht gerecht. Zu einer ernst gemeinten Buße gehört auch, dass die Opfer nicht mit Brosamen abgespeist werden.”

Buße? Die Pfaffen predigen Wasser und saufen Wein. Wenn ich lese, dass nun schon gesagt wird, dass einige der Täter das Geld für den Entschädigungsfonds nicht aufbringen können (jeder Täter soll seinen eigenen Anteil zahlen), dann frage ich mich: sieht denn niemand, dass es das System Kirche ist, das hier missbraucht hat (und es vermutlich noch immer tut)? Also: Wenn das Geld eines Täters nicht genügt, wird die Kirche in ihrer Gesamtheit zur Kasse gebeten.

Ich habe sogar noch einen besseren Vorschlag: der Staat tritt dafür ein und zahlt die Entschädigung. Unter der Maßgabe, dass er danach weder Kirchensteuern mehr erhebt noch diese unsinnigen und gesetzwidrigen Ablösungen zahlt.

Und unsere Freunde von den ehemaligen Liberalen und heutigen Neoliberalen melden sich ebenfalls zu Wort. Der Beauftragte für Kirchen und Religionsgemeinschaften der FDP-Bundestagsfraktion Stefan Ruppert ist der Meinung “das vorgelegte Entschädigungsmodell ist ein symbolisches Zeichen der Anerkennung des Opferleides und der eigenen Verantwortung [...] Die Deutsche Bischofskonferenz kommt ihrer moralischen Pflicht nach, indem sie insbesondere in verjährten Missbrauchsfällen, wo kein Rechtsanspruch mehr besteht, schnell und unbürokratisch eine finanzielle Kompensierung anbietet.” Ich kann das jetzt nicht kommentieren, ich muss mich erbrechen.

Auch cop2cop setzt sich mit diesem Thema auseinander. Missbrauch gehört ja in gewissem Sinne – also der Schutz davor! – zu den Aufgaben der Polizei: “Unabhängig von der Höhe möglicher Entschädigungsleitungen muss aber auch klar sein: Die Kirchen können sich aus ihrer Verantwortung nicht freikaufen. Die Verletzungen, die Missbrauchsopfer erlitten haben, sind mit Geld nicht zu begleichen. Eine plausible Antwort auf die Frage, wie Missbrauchsfälle künftig vermieden werden, bleibt die Bischofskonferenz nach wie vor schuldig

Nicht nur diese Antwort bleibt offen.

Natürlich sehen das die Täter anders. “Als erste vom Missbrauchsskandal betroffene Institution hat die katholische Kirche finanzielle Entschädigungen für die Opfer beschlossen. Wie die Deutsche Bischofskonferenz am Mittwoch mitteilte, werden kirchliche Einrichtungen Opfern sexueller Übergriffe bis zu 5.000 Euro zahlen, wenn diese ihre Ansprüche wegen Verjährung vor Gericht nicht mehr durchsetzen können.” (katholisch.de) Und natürlich behält sich die kath. Kirche selbst die Prüfung der Anträge vor. Ein Schelm, wer Böses dabei denkt.

“Ab dem 10. März 2011 können sich Personen, die minderjährig Opfer sexuellen Missbrauchs durch Kleriker, Ordensangehörige oder andere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kirchlichen Dienst geworden sind, an die jeweiligen Missbrauchsbeauftragten des Bistums oder des Ordens wenden, in deren Verantwortung der Täter zum Zeitpunkt der Tat tätig war.” (kath.net) Das die ohnehin schon verhöhnten Opfer nun auch noch als Bittsteller zu denen gehen sollen, die für ihr Leid verantwortlich waren, schlägt dem Fass an Kaltschnäuzigkeit den Boden aus. Wir wissen alle – und das weiß die Kirche natürlich auch – dass es einer Vielzahl von Menschen unmöglich sein wird, diesen Weg zur Beantragung zu gehen. Eher verkriechen sie sich, wie all die Jahre zuvor, und leiden weiter.

Immerhin, kathweb (Österreich) gibt zu: “Überwiegend negativ fällt die Reaktion in den deutschen Medien auf das Entschädigungsangebot der Deutschen Bischofskonferenz (DBK) an Opfer von Gewalt und sexuellem Missbrauch in der Kirche aus.” Doch ob das den deutschen Kollegen zu Denken gibt. Ich erwarte da nichts. Nichts außer weiteren Lügen, Betrügen, Vertuschen und Hinhalten.

Unter dem wirklich treffenden Titel Ablasshandel schreibt Ulrike Baureithel beim Freitag: “In katholischer Diktion fügt sich dieses Angebot in die alten christlichen Vorstellungen des Ablasshandels: Man kauft sich von Schuld frei, indem man einen genau bemessenen Ablassbrief erwirbt. Bekanntlich hat mit der Kritik am Schuldenhandel die Reformation begonnen. In der modernen Variante durchkreuzt die katholische Kirche damit „nur“ alle vorgeschlagenen Kollektivmodelle.”

“Der Runde Tisch zur Aufarbeitung sexueller Missbrauchsfälle droht zu einer Farce zu werden…” warnt der Stern. “Als Grund führte sie [die kath. Kirche] an, der vor einem Jahr eingesetzte Runde Tisch der Bundesregierung komme mit seiner Arbeit nicht voran.” Gerade diese Kirche, die jahrzehntelang nichts, aber auch gar nichts tat, um die Opfer vor ihren Peinigern zu schützen, die jahrzehntelang sich weigerte, den Tatsachen ins Gesicht zu sehen; eine Institution die prügelnde Pfarrer deckte und deckt, die Schweigegeld zahlte und erst zugab, als es offensichtlich war… gerade diese verlogene Bande wagt es nun, andere unter zeitlichen Druck setzen zu wollen? Vor allem die nichtangehörten Opfer? Es ist einfach nur widerlich.

So verwundert es auch nicht, dass “der “Eckige Tisch”, ein Zusammenschluss von Opfern in Einrichtungen des Jesuitenordens, [sich ...] empört über das Angebot der katholischen Kirche.” Matthias Katsch, Sprecher des “Eckigen Tisches”, nennt das Angebot zu recht eine Unverschämtheit. “Es ist schäbig, wie die reichste Kirche der Welt versucht, sich aus der Affäre zu ziehen”

Die Frankfurter Rundschau nennt das: Knausern auf Katholisch – Die Entschädigungssumme kann nur ein Symbol sein. Aber so, wie es aussieht, wird sie kein Symbol für die Anerkennung des Leids der Opfer, sondern ein Symbol für die Unfähigkeit der Kirche sein.
Von Großmut keine Spur: Das Angebot der Bistümer und Orden an die Opfer sexueller Gewalt ist ein Armutszeugnis dieser doch noch immer so reichen Kirche. Keiner hatte erwartet, dass sich die Institution den hohen Forderungen der Missbrauchten anschließt. Dass sie aber den bescheidenen Vorschlag der Jesuiten, an alle Betroffenen pauschal 5000 Euro zu zahlen, auch noch unterbietet, ist ein verheerendes Signal der Knauserigkeit.”

Nicht nur geizig, nein, feige sind die Bischöfe auch noch: “So will die Bischofskonferenz die Namen derjenigen nicht nennen, die über die Höhe der Zahlung befinden.”

Es braucht auch gar keine Namen. Die katholische Kirche in ihrer Gesamtheit hat sich einmal mehr von ihrer unangenehmsten Seite gezeigt.

Nic


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