Erinnert sich noch jemand an die Begeisterung mit der 20 Verbände aus der Wirtschaft vor zwei Jahren die Initiative Energieeffizienz-Netzwerke gegründet haben? Der Beitrag der Industrie zu den Klimazielen der Bundesregierung konnte mit der Unterzeichnung dieser Vereinbarung aus dem NAPE ausgegliedert werden. Auf freiwilliger Basis sollten 500 Energieeffizienz-Netzwerke bis 2020 gegründet und damit 74,5 PJ eingespart werden. Mittlerweile sind die ersten zwei Jahre vergangen und was ist daraus geworden? Die Euphorie ist weg und es wird immer fraglicher, ob das Ziel noch erreicht wird.
Wie ist der aktuelle Stand der Initiative Energieeffizienz-Netzwerke?
Am vergangenen Samstag war der zweite Jahrestag der Unterzeichnung der Verbändevereinbarung zur Gründung von 500 Energieieffizienz-Netzwerken. Nach zwei von drei Jahren gibt es 97 neue Energieeffizienz-Netzwerke. Es fehlen also für die letzten drei Jahre ganze 403 Netzwerke. Wenn man von einer gleichmäßigen linearen Entwicklung der neuen Netzwerke ausgeht, hätte es alleine in 2016 90 neue Netzwerke geben müssen. Ob es dann in 2017 die notwendigen 120 Netzwerke werden?
Zu den aktivsten Netzwerkträgern gehört die EnBW mit neun Netzwerken. Die EnBW hat den Vorteil, sie war bereits vorher als Netzwerkträger aktiv und benötigte keine Vorlaufzeit. Mittlerweile sind zwölf weitere Energieversorger als Netzwerkträger hinzu gekommen.
Die meisten Netzwerke werden von den Industrie- und Handelskammern getragen. In der Liste der aktuell gemeldeten Netztwerke habe ich 19 Netzwerke der IHK´s gezählt. Besonders aktiv ist auch noch der Bundesverband der Energie-Abnehmer (VEA), der jedoch noch weit entfernt ist zum selbstgesteckten Ziel von 100 Netzwerken.
Wird die geplante Einsparung durch die Netzwerke erreicht?
Energieeffizienz-Netzwerke haben den großen Vorteil einer doppelt so hohen Steigerung der Energieeffizienz im Vergleich zur Umsetzung ohne Netzwerkarbeit. Entsprechend hoch waren die Erwartungen an die 500 Netzwerke: 75 PJ Primärenergieeinsparung und 5 Mio. t CO2 Einsparung sollten erreicht werden.
Um diese Einsparung zu erreichen, wäre jedoch ein hoher Anteil an mittleren und großen Betrieben mit hohem Energieverbrauch notwendig. Ca. 80% der Netzwerke müssten aus diesen Unternehmen bestehen. Aktuell besteht die Mehrheit der Netzwerke jedoch aus kleinen und mittleren Unternehmen (KMU). Bei diesen Betrieben ist der Energieverbrauch geringer, daher ist die absolut erreichbare Energieeinsparung auch geringer als bei größeren Unternehmen.
Die Anzahl der Energieeffizienz-Netzwerke und Größe der aktuell beteiligten Unternehmen spricht nicht dafür, dass die geplant Einsparung erreicht wird. Der Quantifizierungsbericht zur Umsetzung der Maßnahmen aus dem Klimaschutzprogramm (liegt mir vor) geht davon aus, dass die Anzahl der Netzwerke erreicht wird, aber die erzielte Einsparung wird maximal die Hälfte der benötigten 5 Mio. t CO2 betragen.
Viele Vorteile der Teilnahme am Energieeffizienz-Netzwerk?
Zunächst einmal der große Vorteil von Energieeffizienz-Netzwerke. Mit Hilfe der Arbeit im Netzwerk können Unternehmen richtig große Energieeinsparungen erreichen und damit die Energiekosten für die nächsten Jahre, im Vergleich zu anderen Unternehmen, deutlich reduzieren. Der Durchschnittswert der Energiekosteneinsparung beim Projekt 30 Pilotnetzwerke betrug 1,5 bis 2 Mio. € pro Betrieb. Zudem haben die beteiligten Unternehmen ihre Energieeffizienz mindestens doppelt so schnell steigern können wie der Durchschnitt der Industrie. Weitere Vorteile finden sich in meiner Liste der 16 guten Gründe für die Teilnahme an einem Energieeffizienz-Netzwerk.
Doch im Alltag ist es sehr schwer Unternehmen für die Teilnahme an einem Energieeffizienz-Netzwerk zu überzeugen. Nach der Reduzierung der Energiekosten und der Abgaben, bzw. Umlagen, hört das Interesse an den Energiekosten oft wieder auf. Und dann liest oder hört man immer wieder davon, dass mehr Energieeffizienz nicht geht oder nicht wirtschaftlich ist. Selbst von Politikern hört man solche Aussagen. Dabei können gerade Energieeffizienz-Netzwerke dazu beitragen bisher unentdeckte Potentiale zu finden.
Achtung: Energieeffizienz-Netzwerke führen zu erheblichen Gewinnen
Dazu Prof. Eberhard Jochem, Pionier der Energieeffizienz-Netzwerke und engagierter Kämpfer für die Idee der Energieeffizienz-Netzwerke:
„Vielen Unternehmen und ihren Verbänden scheint immer noch nicht klar zu sein, dass mehr Energieeffizienz, die durch Energieeffizienz-Netzwerke beschleunigt realisiert werden könnte, durch die Energiekostensenkungen zu erheblichen Gewinnen führen würde: 1,5 bis 2 Mio. € pro Produktionsstandort für die Netzwerke mit den größeren Unternehmen binnen 10 bis 15 Jahren und durchschnittlich 200.000 bis 250.000 € Gewinn für jeden Teilnehmer in den KMU-Netzwerken. Die Geringschätzung dieser Chancen ist schon befremdlich in einer Zeit, wo die Adaptationskosten an den Klimawandel (Elementarschäden-Versicherung und Steueraufwendungen) jährlich steigen.“
Das Problem ist im Alltag, Energieeffizienz gehört nicht zum Geschäftsmodell der meisten Unternehmen. Da bringt auch eine interne Verzinsung der Investitionen von über 30% nicht viel. Es wird doch nur das Investitionsrisiko, die Amortisationsdauer, betrachtet.
Energieeffizienz in Industrie braucht eine positivere Grundstimmung
Für den Erfolg von Energieeffizienz in der Industrie braucht es eine zuversichtlichere Einstellung zum Thema. Wenn die Grundstimmung bezüglich Energieeffizienz positiv ist, wird es einfacher neue Teilnehmer für Netzwerke zu gewinnen. Digitalisierung und Sektorkopplung erhöhen das Potential deutlich, wie die Gewinner des dena Energy Efficiency Award 2016 gezeigt haben. Es ist also eine gute Öffentlichkeitsarbeit notwendig.
Des weiteren wird eine Markttransparenz bei den Anbietern für Energieeffizienz-Netzwerken benötigt. Wer bietet welche Leistungen und zu welchen Preisen an? Wie sind die Erfahrungen der Netzwerkteilnehmer?
Für beides stehe ich gerne zur Verfügung und kann meine Unterstützung anbieten. Die beteiligten Verbände müssen aber selbst für einen Erfolg sorgen. Ansonsten drohen staatliche Vorgaben und das wird kaum das sein, was die Unternehmen möchten.