Der Elysée-Vertrag wird 50 Jahre alt und das wird groß gefeiert. Gleichzeitig hört man überall, dass die Freundschaft Gefahr läuft, einzurosten. Wie sieht es also aus, mit der guten Nachbarschaft? Ich habe mich selbst mal gefragt, was ich eigentlich mit dem Deutsch-Französischen Verhältnis so verbinde und angefangen eine Karte zu zeichnen.
von Simon Argus
Eine kleine Mind-Map zum Thema Deutsch-Französisches Verhältnis entlang der Grenze. Was fehlt noch?
Na klar - man könnte schon allein mit physisch-geographischen Features, die Deutschland und Frankreich verbinden, ganze Regale füllen: Der Oberrheingraben, das Flußsystem von Rhein, Mosel und Saar und so weiter. Ein wichtiger Grund für jahrhundertelangen Zwist waren sicherlich die Kohlereviere und Verkehrsverbindungen über Wasserstraßen. Inzwischen hat die letzte Kohlengrube im Saarland zu gemacht (wegen Erdbeben) und auf den Wasserstraßen kann man Hausboote mieten und so vom Rhein bis nach Paris schippern.
Am Anfang war der Streit. Kriege haben die Grenze zwischen den beiden Ländern immer wieder verschoben. Das Elsass hat mehrmals den "Besitzer" gewechselt und auch die Pfalz hieß früher mal "Département Mont Tonerre" (Region Donnersberg) und war somit Teil des napoleonischen Frankreich. Viele Städte in der Region haben Namen in zwei Sprachen. Die zahlreichen Festungsstädte in der Gegend waren in ihrer Stadtentwicklung über lange Zeit eingeschränkt. Landau wurde von Vauban im 17. Jahrhundert zur französischen Feste ausgebaut - die Bewohner konnten von nun an nur noch tagsüber durch die Stadttore ein- und ausgehen. Die Mauern um die Festung Mainz wurden erst geschliffen, als nach dem Krieg von 1870 Metz zur neuen Verteidigungsbastion gegen die Franzosen ausgebaut wurde. Metz und die Gegend um Verdun erinnern bis heute mit ihren gruseligen Schlachtfeldern und Bunkeranlagen an den ersten Weltkrieg. Maginot-Linie und Westwall und so. Gleich dreimal war ich auf Schulausflügen dort.
Aber heute ist das alles Geschichte. 1953 unterzeichneten also Konrad Adenauer und Charles de Gaulle den Elysée-Vertrag und ebneten somit den Weg für zahlreiche Schüleraustausche und Vereinsausflüge. Die beiden Länder sind zum Motor der europäischen Einigung geworden und auch die Hauptstadt der Europäischen Union - zumindest die der Legislative - liegt im Deutsch-Französischen Grenzgebiet. Straßburg - so war es einmal die Vision europäischer Vordenker - sollte, gemeinsam mit seinem deutschen Nachbarn Kehl, eine internationale Stadt werden. Diese Vision hat man begraben. Heute gibt es die Eurodistrik(c)te, regionale Zusammenschlüsse auf kommunaler Ebene, mit denen länderübergreifende Initiativen wie grenzüberschreitende Buslinien oder eine gemeinsame regionale Identität gefördert werden sollen.
Leider liegt zwischen der Idee einer engen Freundschaft und ihrer Umsetzung immer noch die Notwendigkeit einer Tat. Und leider lernen immer weniger Menschen in der Grenzregion die Sprache des Nachbarn. Auch gibt es heute weniger Schüleraustausche mit den Leuten auf der anderen Seite. Aber vielleicht normalisiert sich die Beziehung auch einfach. Man fährt ja immernoch gerne mal schnell nach Frankreich, um in den riesigen Supermärkten zu kaufen, was es bei uns nicht gibt. Und mit dem Zug ist man inzwischen doppelt so schnell in Paris als in Berlin. Viele Deutsche haben Wochenendhäuser im Elsass und viele Elsässer kaufen inzwischen auch deutschen Wein oder besuchen deutsche Wellness-Bäder im Schwarzwald. Angela Merkel und Francois Hollande duzen sich seit heute. Und was könnte man auf der Karte noch alles hinzufügen?