Seit zwei Wochen läuft mittlerweile die fünfte Staffel von „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ auf RTL. Wie schon im Jahr 2009 konnte die Ekel- und Angst-Show auch dieses Mal die Erwartungen übertreffen und hinsichtlich der Einschaltquoten noch einmal zulegen: Bis zu 8 Millionen Zuschauer pro Folge wollten sich krokodilpenisessende und in Kakerlaken badende C-Prominenz bereits ansehen – in der so genannten werberelevanten Zielgruppe (14-49 Jahre) waren das in der Spitze rund 50%. Dennoch: Die Werbeblöcke bleiben mitunter so leer, wie der Magen von Katy „Walter“ Karrenbauer oder das Hirn von Modelaspirantin Sarah Dingsbums. Was die Zuschauer freut, enttäuscht die Macher der Show. Warum will niemand im Dschungelcamp werben?
Erbsensuppe beim Exorzisten
Eine zentrale Rolle spielt das Werbeumfeld. Die Leitmotive des Showkonzepts lauten Ekel und Angst. Das schränkt die Wahl der potentiellen Werbekunden schon einmal erheblich ein. Ein Beispiel: In den Siebzigerjahren sorgte „Der Exorzist“ zunächst in den Kinosälen, später auch in den Fernsehsesseln, für kalte Schauer. Die dürften auch den Mediaverantwortlichen bei Erasco über den Rücken gelaufen sein. Der Suppenhersteller bewarb sein Flagship-Produkt unmittelbar nach einer Szene, in der grüne Galle die Hauptrolle spielte:
Über Geschmack lässt sich bekanntlich streiten, dennoch dürfte nur den wenigsten Suppenliebhabern bei diesem Anblick das Wasser im Munde zusammengelaufen sein. Die Lehre, die Erasco (und andere) daraus zogen, lautete: Prüfe das Umfeld, in dem du wirbst. Zu groß die Gefahr eines Image-Transfers zwischen dem laufenden Film oder der laufenden Show auf die beworbene Marke (Stichwort: Spill-Over-Effekte). „Erasco? Ach ja, die mit dem Exorzisten…“ Fakt ist: „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ ist ein extrem polarisierendes Werbeumfeld, das anscheinend immer noch für Unbehagen bei den Mediaagenturen und Werbekunden sorgt. Mit dem Verzehr von Kotzfrucht, Fischaugen und Krokodilpenis in der ersten Show dürften beispielsweise alle Lebensmittel- und Getränkehersteller ihre Werbeanfragen zurückgezogen haben. Gleiches gilt vermutlich für Anbieter aus den Bereichen Beauty und Kosmetik. Dass sich gerade hierdurch die Möglichkeit eines kreativ gestalteten und platzierten Spots in einem konkurrenzfreien Umfeld ergibt, sei hier nur am Rande erwähnt. Eindampfen lässt sich die Einstellung der Werbekunden also anscheinend auf ein simples: „Klasse statt Masse“, bzw. „Reichweiten sind nicht alles“. klickstu
Unterschichtenfernsehen?
Einem Trugschluss darf man jedoch nicht erliegen: Wer denkt, dass das Dschungelcamp ein fröhliches Get-Together von „bildungsfernen Schichten“ sei, der täuscht sich. Zenithmedia hat ermittelt, dass auch Vertreter mit hohem Nettohaltshaltseinkommen von über 3.500 EUR bei der Sendung einschalten. Angesichts der großen Reichweite, überrascht das allerdings auch wenig. „Ich bin ein Star, holt mich hier raus“ ist in der Mitte Deutschlands angekommen und ein Massenphänomen geworden. Es bleibt die Frage: Wer kann dieses heikle, aber auch extrem vielversprechende Umfeld für seine Zwecke am besten nutzen?
Geeignete Werbekunden
Die Verpflichtung von Rainer Langhans war sicherlich einer der größeren Coups bei der Neubesetzung des Dschungelcamps. Mit ihm wird insbesondere Schuhversender „Zalando“ assoziiert, der derzeit mit mächtig Werbedruck und kreativen Spots auf Sendung ist.
„Rennie räumt den Magen auf“ – Bayer könnte mit seinem Klassiker gegen Sodbrennen, Völlegefühl und Magendruck zwischen dem Fischaugen-Anti-Pasti, dem Madenpüree-Hauptgang und einem schleimigen Pilz-Dessert immer wieder gekonnt Akzente setzen. Damit schlägt es in dieselbe Kerbe wie der nächste Vorschlag.
„Underberg wärmt den Magen an“ hieß es in den 50er Jahren. Und auch heute gehört Underberg zu Krustenbraten oder Mantaplatte wie Dirk Bach zu Sonja Zietlow. Auch hier wäre ein kurzer Spot (womöglich mit den Original-Probanden aus dem Dschungelcamp) zwischen den Mahlzeiten ein echter Bringer und würde das angestaubte Image des Magenbitters mit einem Schlag einer Radikalverjüngung unterziehen.
Ein Hersteller von Mücken-Sprays wie Togal oder Autan könnte mit seinem Spot der künstlich wirkenden Fassade des australischen Dschungels wieder etwas Authentizität und Ursprünglichkeit einhauchen. Auch ein Product-Placement wäre ohne weiteres denkbar: Wird die Plage zu gewaltig, tauschen die Kandidaten im Dschungel einfach hart erkämpfte Sterne gegen eine Pulle Insektizid.
Unter dem Strich lassen sich einige Möglichkeiten erkennen, in einem polarisierenden Werbeumfeld, wie man es in Deutschland nur selten findet, gekonnt Akzente zu setzen. Sei es durch den Mut, dorthin zu gehen, wo andere fernbleiben, sei es durch die humorvolle Auseinandersetzung mit den Themen der Show. Trotz Ekelspeis und Widertrank muss es also heißen: Ran an die Buletten!