Er hat die iWelt erschaffen: Steve Jobs. Seine Geschichte ist ein gelebter amerikanischer Traum: Vom Hippie zum Hightech-Milliardär. Der Apple-Gründer wurde (und wird) wie ein Guru verehrt. Angefangen hat alles ganz anders: Niemand will Steve, als er 1955 geboren wird. Seine leiblichen Eltern geben ihn ab und auch die auserkorenen Adoptiveltern wollen doch lieber ein Mädchen. So kommt Steve zu den Jobs. Paul Jobs ist ein Tüftler, der an Auto genauso gerne schraubt wie an Elektrogeräten. Steve guckt ihm über die Schulter, wann immer er in seiner Garage werkelt. In dieser Garage in Paolo Alto im Silicon Valley erträumt Jobs die Zukunft der Computerindustrie. Seine Traumbeschleuniger sind Bob Dylan, der Zen-Buddhismus und LSD. Sein Traumverwirklicher ist sein bester Kumpel: Steve Wozniak, genannt Woz. Woz will nur spielen, am liebsten mit Schaltkreisen, Mikroprozessoren und Platinen. Er ist ein Genie, aber das weiß er (noch) nicht. Steve sieht es sofort. Wie ein moderner Alchimist bastelt Woz aus billigstem Material unschätzbare Werte wie die Blue Box. Damit trickst er die Telefongesellschaften aus und kann kostenlos überall hin Ferngespräche führen (er ruft unter anderem beim Papst an und gibt sich als Henry Kissinger aus).
Der Apple I (Foto: Ed Uthman)
Eines schönen Tages zeigt der eine Steve dem anderen sein neuestes Baby: Einen Heim-Computer, den man mit ein wenig techischem Sachverstand an den Fernseher anschließen kann. Jobs wittert das große Geschäft. Er überredet Woz, seine Geniestreiche künftig nicht mehr mit den anderen Nerds aus dem Homebrew Computer Club zu teilen, sondern lieber mit ihm eine eigene Firma zu gründen (bislang hat Jobs bei Hewlett Packard und Atari gejobbt). Woz, der als Ingenieur eine sichere Stelle hat, ist skeptisch - wohl auch, weil er seinen teuren Taschenrechner verkaufen soll (jede Firma braucht schließlich Eigenkapital). Jobs vertickt seinen klapprigen VW-Bus. Dann zieht er los, um Aufträge und Kredite zu beschaffen. Der Bankanstellte im Kaufhausstangen-Anzug staunt nicht schlecht, wer da forsch und selbstbewusst ein 30.000-Dollar-Darlehen beantragt. Vor ihm steht ein zotteliger und leicht müffelnder Hippie (Jobs duscht nur einmal in der Woche). Außerdem ist er barfuß. Er erklärt, eine Serie von revolutionären Computern bauen zu wollen. Seine Ausstrahlungskraft besticht. Für einen Monat erhält er den Kredit. In diesen dreißig Tagen schrauben und löten Woz, Jobs und einige enge Freunde, was das Zeug hält. Steve hat auch den Computerhändler überzeugt und eine größere Bestellung organisiert. Der Grundstein des kleinen Start-Ups ist gelegt.
Der Apple II (Foto: www.allaboutapple.com)Als Veganer mit einer Vorliebe für Äpfel fällt der neue Firmenname nicht weit vom Stamm: Apple. Beide Steves haben vorerst, was sie wollen: Der eine darf erfinden, der andere vermarkten. Schon das zweite Produkt bringt den Durchbruch. Der Apple II erobert mit seinen Diskettenlaufwerken und als Gesamtprodukt (Rechner, Tastatur, Bildschirm) den Computermarkt und macht seine beiden Väter zu vielfachen Millionären. Während sich Woz zufrieden zurückzieht, hat Jobs schon wieder neue Ideen und Visionen. Jetzt will er einen Computer mit Maus und grafischer Benutzeroberfläche auf den Markt bringen. Das ist zwar abgekupfert (bei Xerox), aber die Anderen erkennen das Potenzial ihrer Kreativität erst, als Apple damit seinen Siegeszug fortsetzt.
Der Macintosh (Foto: Alexander Schaelss)Mcintosh heißt Jobs' Kampfansage an IBM, immerhin der Marktführer in Sachen Heim-Computer. Mit dem Macintosh erklimmt Jobs' Ruhmeshöhen, aus denen man unsanft fällt. Längst hat er mehr Feinde als Freunde bei Apple: Seinen selbstherrlichen und rücksichtslosen Führungsstil nimmt man ihm übel: Beleidigungen und Demütigungen, Verrat und Ideenklau, Tobsuchtsanfälle und Entlassungen im Fahrstuhl - all' das fällt nun auf Jobs zurück. Zu allem Übel hat er beim Stellungskrieg gegen IBM eine neue Front sträflich vernachlässigt: Bill Gates und Microsoft gehen in die Offensive. Jobs fällt also, und er fällt tief:
Die obersten Apple-Manager tun sich zusammen und entmachten den Firmengründer. Aber ohne Jobs geht es auch nicht. Während Apple zusehends abbaut, gründet und kauft der Visionär 2.0 die nächsten Firmen (NeXT und Pixar) Nach kleineren Anlaufschwierigkeiten findet Jobs zurück in die Erfolgsspur - und zurück zu Apple. Denn Mitte der 1990er Jahre ruft der Konzern den verlorenen Vater zurück. Jobs kommt - und wie. Seine schöpferische Kraft ist ungebrochen. Das iZeitalter bricht an (i steht für Internet). Die neuen Apple-Produkte verschmelzen Technik und Kunst:
Der iPod wird zum Kultobjekt - iMac, iPhone und iPad sind es, noch ehe sie auf den Markt kommen. Vorgestellt werden sie von Steve Jobs persönlich. Die Präsentationen sind bis ins Detail geplante Rituale eines postreligiösen Glaubensbekenntnisses (siehe Clip):
Jobs mag sich als der göttliche Schöpfer fühlen, als der er sich inszeniert. Er ist es nicht. Im Oktober 2003 (vor zehn Jahren) ereilt ihn eine allzu menschliche Dianose: Bauchspeicheldrüsenkrebs. Steve Jobs verliert den Kampf um sein Leben trotz mehrerer Operationen und einer Lebertransplantation. Am 5. Oktober 2011 ist der Apple-Gründer gestorben - heute vor zwei Jahren.