5 Fragen an… Andrea Ruhland-Gudermuth von www.itkids.com

Von Networkingmomberlin @NetWorkingMom

 

1. In Deutschland diskutieren wir ja gern mal über das Bild der „guten Mutter“. Du hast als Mutter Arbeitserfahrung in Deutschland und in der Schweiz. Hast du große Unterschiede in beiden Ländern feststellen können, was die Diskussion um die Mutterrolle angeht?

Generell stelle ich fest, dass sowohl in der Schweiz wie auch in Deutschland viel über „Das Bild der guten Mutter“ diskutiert wird. In der Schweiz ist das Bild von der Mutter noch traditioneller und konservativer als in Deutschland. Ein ehemaliger Schweizer Arbeitskollege hat mir einmal gesagt, als wir auf einer Store-Check-Tour an den Babygläschen von Nestlé, Hipp & Co, vorbeigegangen sind, dass von einer guten Mutter in der Schweiz erwartet wird, dass sie den Babybrei selbst kocht… Doch das ändert sich allmählich. Es ist allerdings so, dass in der Schweiz die Mütter schneller wieder arbeiten gehen. Das liegt sicherlich auch an den gesetzlichen Gegebenheiten. In der Schweiz gibt es nur 3 Monate Mutterschutz, aber die Kinderbetreuung für Kleinkinder muss man privat organisieren und bezahlen. Das ist sehr teuer und für viele daher eine Nullsummenrechnung. Viele Mütter bleiben daher auch zu Hause bis die Kinder 4 oder 5 Jahre alt sind und in den staatlich obligatorischen Kindergarten gehen. Die Rahmenbedingungen in Deutschland mit Elternzeit und finanzieller Unterstützung sind eindeutig besser.

2. Auf der Infoseite von itkids, den Online Shop, den du gegründet hast, steht: „Weil wir denken, dass sicher noch viele andere Leute nicht auf die weit verbreitete Bärchen- und Blümchenromantik und die beliebige Massenware stehen, die viele Kinderzimmer überflutet, haben wir diesen Online Store ins Leben gerufen.“ Verzweifeln viele frisch gebackene Mütter am oft stressigen Alltag, weil das Elternsein vielleicht heute auch zu sehr romantisiert wird?

Dass das Elternsein zu sehr romantisiert wird, würde ich nicht unbedingt sagen. Vielmehr wird von den Eltern Perfektionismus in allen Bereichen verlangt. Das kann keiner leisten. Viele Paare lassen sich heute länger Zeit mit dem Kinderkriegen. Und dann soll aber alles perfekt sein. Nach der Geburt werden die frisch gebackenen Eltern dann schnell auf den Boden der Tatsachen geholt. Das Leben bekommt einen anderen Rhythmus und es muss ich erst einmal alles einspielen. Das Leben ist anders. Da ist jetzt jemand da, für den man verantwortlich ist und diese Verantwortung muss man ernst nehmen. Zudem taucht der Begriff „fremdgesteuert“ plötzlich auf. Die anfängliche „Romantik“ verfliegt also meistens schnell.

Häufig kommt hinzu, dass nach einer Weile oft beide Elternteile wieder arbeiten gehen. Da kommt dann eine Menge an Organisation auf die junge Familie zu. Dabei kann sich dann wirklich Verzweiflung breit machen. Vor allem wegen den Anforderungen, die eine Mutter an sich stellt. Sie ist nun Mutter, Ehefrau, Hausfrau und hat dann auch noch einen Job… Eine sehr taffe Manager-Aufgabe. Das ist wirklich nicht einfach.

3. Es gibt geteilte Meinungen darüber, ob und wie man die Zeiten der Kindererziehung in eine Bewerbung schreibt. Angenommen, du würdest über die Qualifikationen berichten wollen, die du durch dein Leben mit Kindern erlangt hast. Welche wären das?

Je nach Job kann es durchaus Sinn machen, auf die Zeiten der Kindererziehung in der Bewerbung einzugehen. Durch das Leben mit meiner Tochter habe ich ganz klar an Toleranz, Flexibilität und Geduld gewonnen. Eine gute Organisation und ein durchdachtes Zeitmanagement würde ich ebenfalls betonen.

4. Du hast Marketing studiert und lange in dem Bereich gearbeitet. Da möchte ich dich unbedingt etwas zum Thema Selbstmarketing fragen: Betreiben Mütter viel zu wenig Marketing in eigener Sache, wenn es um die Karriere geht?

Das ist ein interessantes Thema. Ich persönlich finde Selbstmarketing sehr wichtig. Im Prinzip ist ja jedes Individuum eine Marke. Und wie bei Produktmarken geht es eben auch bei uns Menschen darum, seine Persönlichkeit zu unterstreichen, klare Werte zu haben und dafür einzustehen und vor allem, sich selbst treu zu bleiben. Es kommt darauf an, sich eindeutig zu positionieren und seine Stärken bewusst zu betonen. Schauspieler – also Personen, die sich verstellen – kommen dabei langfristig sicherlich nicht weit. Und auch Mamis müssen aufpassen, dass sie nicht zur Maus im Laufrad werden. Hier sehe ich eine große Gefahr. Mit all den Anforderungen, die Mütter an sich stellen, vergessen viele, ihre eigene Persönlichkeit zu betonen. Stattdessen wollen sie es allen recht machen und vergessen dabei ihre eigenen Ansprüche und Bedürfnisse. Das, wofür sie stehen.

Dabei denke ich, dass gerade wegen der hohen Anforderungen, die Mamis an sich stellen, ein gutes Selbstmarketing sich durchweg positiv auf sie und ihre Lebenssituation auswirken würde. Das stärkt nämlich das Selbstbewusstsein und es fällt wesentlich leichter auch mal „Nein“ zu sagen. Für jemanden, der wirklich Karriere machen möchte, ist kluges Selbstmarketing unverzichtbar. Doch gutes Selbstmarketing hin oder her, Frauen mit Kindern haben es heute nach wie vor schwer, den gleichen Karriereweg zu gehen wie ein gleich qualifizierter Mann. Die Schweizer Gesetzgebung de facto ohne Kündigungsschutz und ohne den Anspruch der Mütter auf ihren früheren Beruf forciert dieses Dilemma noch. Aber ich habe auch von durchweg allen Freundinnen und Bekannten mit Kindern in Deutschland, gehört, dass die Karriere erst mal auf Eis gelegt ist. Dazu trägt sicher bei, dass die Teilzeitstellen, die viele Mamis besetzen, nicht den Stellenwert haben und die gleichen Karrieremöglichkeiten bieten, als Vollzeitstellen.

5. Da wir gerade bei Karriere sind: Was Kinder sind, ist allen klar, doch beim Stichwort Karriere scheiden sich die Geister. Wie definierst du ganz persönlich „Karriere“?

Ganz nüchtern betrachtet ist Karriere der Weg der beruflichen Laufbahn, den man geht. Natürlich verbindet man – und übrigens auch ich – damit automatisch die klassische Managementkarriere  in der Hierarchie eines Unternehmens.  Bevor ich Mutter wurde und itkids gegründet habe, war mir dieser klassische Karriereweg auch wichtig und ich war diesbezüglich gut dabei… inklusive Führungsverantwortung, Geschäftswagen etc.

Aber mit einem Mal war der konstante Aufstieg dann gar nicht mehr prioritär. Es traten  andere Werte in den Vordergrund. Werte wie Leidenschaft, Kreativität, Weitblick, Selbstbestimmung und Flexibilität, die ich mit der Gründung von itkids glücklicherweise für mich in den Vordergrund rücken konnte. Ich bin sehr froh, diesen Weg gegangen zu sein und kann alle Mütter nur zur Selbständigkeit ermutigen.

Zu guter Letzt: Wo kann man dich im Netz überall finden, wenn man mehr von dir lesen möchte?

An den populären Social Networking Plattformen komme ich natürlich auch nicht dran vorbei. Mich kann man bei Xing, Facebook und Pinterest finden.

Liebe Andrea, hab vielen Dank für den Blick auf die Frau hinter dem Online-Shop und deine Antworten.