Der Erde, so heißt es in Wulf Kirstens Gedicht “die erde bei Meißen”, schreibe er “beidhändig ins gästebuch” einen “einsilbigen gruß”. Dieses Gedicht schrieb der 1934 in Klipphausen bei Meißen geborene Steinmetzsohn im Alter von dreißig Jahren. Das darin zum Ausdruck kommende Bewusstsein, nur Gast auf dieser Erde zu sein, hat sich bis in die Gedichte der jüngsten Zeit gehalten.
Eine Sammlung mit Gedichten aus den Jahren von 1954 bis 2004 trägt den Titel “erdlebenbilder” und im “Stimmenschotter” – so der Titel des 1993 erschienenen Gedichtbandes – sucht er nach dem verlässlichen und unverwechselbaren Ton. In der Sprache wendet er sich dem Erdreich zu und beide will er in seinen Gedichten kultivieren. Die dadurch entstehenden Sprachskulpturen, zeichnen sich durch einen außergewöhnlichen Reiz aus. Kirsten vermag Punkte in der Landschaft zu einer Linie zu verbinden, die dem Wort Schönheit einen Halt zu geben vermag.
… Diese Naturgedichte sind erdgebunden und weisen doch von der Landschaft immer wieder auch in gesellschaftliche Räume, in die Individuen von einer launischen Natur hineingestellt worden sind. / Michael Opitz, DLR
Wulf Kirsten: fliehende ansicht
Gedichte, S. Fischer Verlag, Frankfurt am Main 2012
80 Seiten, 16,95 Euro