43. Christian Enzensbergers Prosagedicht

Ein starkes Gedicht braucht nicht viele Wörter. Es kommt mit einer Handvoll aus. Christian Enzensbergers Prosagedicht »Eins nach dem andern« wird von einem einzigen Wörtchen angetrieben: »dann«. »Dann« kann verwickelte, ja verzweifelte Gedanken sarkastisch abschneiden, etwa mit der knappen Meldung: »Ich fuhr dann nach Köln.« »Dann« kann ganz lässig ans andere Ende der Stadt katapultieren, nach dem Muster des Superhelden-Comics: »Meanwhile on the top of the Empire State Building«; gerade noch neben »gebadeten« Premierengästen in der Oper, dann am leeren Krokodilsbecken des Tierparks.

Enzensbergers »dann« ist ein unermüdlich tuckernder Motor: »Ich las dann ein Gedicht und das Gedicht fing mit O an, ich stockte dann bei diesem O, ich dachte O, wieso O«. Tempo, Tempo, Tempo. Man rast durch diese Prosa, ist nach einer Stunde durch und fängt gleich wieder von vorn an. …

Sein Verleger teilt im Nachwort mit, Christian Enzensberger, der im letzten Jahr verstorben ist, habe umfangreiche, teils naturphilosophische Schriften hinterlassen, für die hoffentlich irgendwann einmal einer »Geduld aufbringt«. Man darf bezweifeln, dass, falls einer diese Arbeit unternähme, das Ergebnis veröffentlicht würde, denn im deutschen Kultur- und Wissenschaftsbetrieb wird das Unwichtige prompt, das Wichtige 50 Jahre zu spät erledigt. / STEFAN RIPPLINGER, Jungle World


Christian Enzensberger: Eins nach dem andern. Gedichte in Prosa. Die Verbesserung. Essay. Hanser, München 2010, 80 Seiten, 12,90 Euro

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