42 plus 2

42 plus 2Daft Punk
„Random Access Memories“

(Sony)
Seit jeher sind Fragen, die uns zum Thema Zukunft und künstliche Intelligenz einfallen, entweder sehr komplex oder sehr wirr, bestenfalls auch beides. Da hätten wir: “Dream androids of electric sheep?” (Dick) oder “Are Friends Electric?” (Numan) und natürlich “The ultimate question of life, the universe and everything“ (Adams). Na gut, die Antwort auf letzteres ist soweit klar – 42, für den Rest steht sie allerdings noch aus. Weitaus einfacher sollte aber zu klären sein, ob Roboter denn eigentlich tanzen können. Selbstverständlich können sie, Kraftwerk haben diesen Beweis schon in den Siebzigern auf geniale Weise erbracht. Was bei der Sache damals allerdings gröbstens vernachlässigt wurde, war der Spaß an der Sache. Und hier nun kommen Guillaume Emmanuel de Homem-Christo und Thomas Bangalter ins Spiel. Denn wenn ein Roboter Wert auf intelligente (vorausgesetzt) und zugleich lässig/coole (empfohlen) Tanzmusik legt, dann landet er seit 1993 unweigerlich bei Daft Punk, dem nicht minder genialen Projekt der beiden Franzosen. Und – noch einmal ein kräftiges “Ja!” – die Maschinen können sich gemeinsam mit uns Menschen freuen, denn die neue Daft Punk ist genau für sie wie für uns: The Soundtrack of our digital live.
Das Erstaunliche an dieser Platte mit dem romantisch anmutenden Titel ist allerdings nicht, dass Daft Punk immer noch genau wissen, wie man Electrofunk und House buchstabiert – sie haben in dieser Beziehung nichts verlernt und geben mit der ersten Hälfte von „RAM“ eine Lehrstunde in Sachen ordnungsgemäßer Animation. Es überrascht eher, dass man dieses Album auf einem komplett anderen Level verläßt als das, auf welchem man eingestiegen ist. Die ersten sechs Stücke bieten dem Zuhörer genügend Gelegenheit zum entspannten Mitwippen, die hat der Groove der beiden komplett im Griff und alles, was man von den Vorgängerwerken kennt und schätzt, ist bestens dosiert vertreten: Verfremdetes Vocodersampling, quecksilbrige Synthieloops, feinstes Gitarrenpicking, infektiöser Beat – man kommt ihnen nicht aus. Mittendrin Giovanni „Everyone calls me Gorgio“ Moroder, der – einem Beamten gleich und mit holprigem Akzent – seine Berufung zum besten gibt, auch daraus macht das Duo eine nahezu perfekte Tanznummer, hier sitzt jeder Klick und jedes Beep und selbst die fast schon obligatorische Breitbeingitarre (siehe Frank Ocean, Muse, etc.) passt ins Bild.
Nachdem dann mit Pharrell Williams ein weiterer Gast kurz die Bühne verläßt – natürlich nicht ohne vorher mit „Loose Yourself To Dance“ kräftigst eingeheizt zu haben, kommt mit Paul ein weiterer Williams ins Programm und verpaßt der Platte mit „Touch“ die erste Zäsur. Denn auch wenn der Hintergrund mit technoidem Trance geschmückt wird, überrascht doch die zerbrechliche, klare Stimme der Songschreiberlegende aus den 70ern, der Muppetmann hebt den Song zusammen mithilfe von Daft Punk zum Alleinstellungsmerkmal und läßt unbedingt aufhorchen. Und es kommen noch andere Ausflüge, wenn auch nicht mehr vom selben Kaliber. Nach dem zweifellos großartigen Hit „Get Lucky“, der all der Hysterie um das Album hochoffiziell und als erstes Recht geben durfte (und das wieder mit Pharrell Williams) leitet der smoothe Schummerfunk von „Beyond“ zu einer weiteren angenehmen Irritation.
„Motherboard“, qua Namen zum Hauptspeicher der Platte erhoben, kommt ganz ohne Glitzer und Glamour aus, im Stile der klassischen Synthie-Altvorderen Tangerine Dream ist hier vieles flächig, verschlungen und schwer aufbereitet, erst später pumpen die Drums den Track in bewegtere Bahnen – nicht zum ersten Mal fallen einem hier auch die Landsleute von Air ein. Dass „Doin‘ It Right“ kein Fast Food werden würde, konnte man schon bei der Nennung von Noah Benjamin Lennox, aktivem Mitglied des Animal Collectives, erahnen, der Sound bleibt dennoch satt und wummert mächtig in den Gehörgängen. Standesgemäß folgt am Ende mit „Contact“ und dem alten Bekannten Stéphane Quême alias DJ Falcon ein hochgepitchtes Finale inklusive kolabierenden Systemen – all machines down. Und sonst? Nile Rogers darf keinesfalls unterschlagen werden - dagegen: Julian Casablancas ist auch mit dabei („Instand Crush“), bleibt aber auf der Payroll nicht mehr als eine Fußnote, das Album ist auch so schon groß genug. Und irgendwie beschleicht einen am Ende die Ahnung, dass auch diese fabelhafte Musik das Zeug dazu hätte, die ultimative Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest wenigstens ein Stück weit zu beantworten. http://www.daftalive.com/

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