Alle Texte und Melodien sollen neu ediert, übersetzt, kommentiert und in die Überlieferungsgeschichte der Lyrik des deutschsprachigen Spätmittelalters eingeordnet werden. Das ist eine Lebensaufgabe.
Das Rostocker Liederbuch sei das wichtigste norddeutsche Dokument der anonymen Liederbuchlyrik des 15. Jahrhunderts, sagt Holznagel. Das unscheinbar wirkende handschriftlich verfasste Heftchen enthält 60 Liedtexte in niederdeutscher, hochdeutscher und lateinischer Sprache. Gerade Lyrik im Niederdeutschen wurde lange Zeit nur mündlich überliefert. Die Eliten fingen im 15. Jahrhundert an Hochdeutsch zu sprechen, so dass das Niederdeutsche zunehmend ins Hintertreffen geriet, wie der Germanist erklärt.
Das Liederbuch sei einer der wichtigsten Schätze der Rostocker Universitätsbibliothek, sagt Holznagel. …
‘Es ist einfach großartig’, schwärmt Holznagel, ‘damit haben wir unmittelbaren Zugriff auf eigene Geschichte und Kultur’. Das Liederbuch sei ein buntes Sammelsurium. Es reiche von lateinischen Liedern, die die Gottesmutter verehren, bis hin zu Zoten, von politischen Texten zu studentischen Trinkliedern. Witz- und Necklieder sowie Klagelieder wechseln sich ab.
Auch das älteste niederdeutsche Weihnachtslied findet sich in dem Kompendium. Das hat den Titel ’Eyn hillich dach und eyn hilch nacht’ (‘Ein heiliger Tag und eine heilige Nacht’). Ein klassisches Liebeslied heißt zum Beispiel ‘Amor ist eyn lustlich walt‘ (‘Die Liebe ist eine lustbringende Gewalt’)… / ad-hoc.news