41. Whiskytasting von Munich Spirits – Torf – Rauch – Islay

Are you here for the birds or for the whisky? Die Frage wird einem auf Islay, der südlichsten Insel der inneren Hebriden, recht häufig gestellt. Islay ist einerseits einer der zentralen Zwischenstopps der großen Zugvogelschwärme und andererseits Heimat mehrerer Brennereien mit großen Namen in der Whiskywelt. Von hier kommen in erster Linie Destillate, die der Landschaft vor der schottischen Westküste entsprechen – harsch, rau und mit überwiegend viel Torf. Das ist nicht jedermanns Sache, hat aber in der Szene auch eine ordentliche Anzahl überzeugter Anhänger. Rechtfertigung genug für ein eigenes Tasting, das sich diesen Whiskys widmet.

bowmoreDen Anfang macht ein Bowmore, James MacArthur, Bourbon Cask 960003, 1996-2009, 13 Jahre, 58,8% aus der Old Masters Serie. In der Nase überraschend wenig Torf, dafür eher Zitrusnoten. Mit den Bowmores, die ich kenne, hat das wenig bis nichts zu tun, auch wenn sich nach einiger Zeit doch noch der Torf zeigt. Im Mund dominiert der Alkohol, der Bowmore zeigt sich hier ziemlich ruppig. Erst ziemlich am Ende eines eher mittellangen Abgangs kommen ein paar Beerennoten durch. Das ist aber auch das einzige, was ich hier mit Bowmore in Verbindung bringe. Insgesamt ein netter Standard, aber nicht zu dem Preis, den der ursprünglich mal hatte. Andererseits braucht er eh deutlich Wasser und so weit runterverdünnt ist dann auch der Preis fast wieder in normalen Regionen.

lagavulinZu den richtig großen Namen von Islay gehört zweifelsohne Lagavulin, hier mit einer Originalabfüllung, 1995-2008, 12 Jahre, 48%, exclusively bottled for Friends of Classic Malts vertreten. Auch dieser hier ist sehr ungewöhnlich und von mir nicht als Lagavulin zu erkennen. Statt massivem Rauch gibt es hier einen milden, aber vollmundigen Duft von Honig und Nüssen. Ähnlich wie der Bowmore braucht es ein wenig Luft, um etwas schwarzwälder Schinken aus dem Glas zu bringen. Dominant wird der aber auch dann nicht. Geschmacklich hält sich der Torf ebenfalls im Hintergrund, der erste Schluck wirkt tatsächlich fast etwas wässrig. Es braucht etwas, bis der leicht bittere Charakter herauskommt. Insgesamt braucht der Zeit im Glas, um sich zu entwickeln, bleibt aber auch dann eher unaufdringlich und untypisch. Den Bowmore schlägt er, aber andererseits hatte ich auch schon bessere Lagavulins im Glas.

caol_ilaCaol Ila hat einen zweifelhaften Ruf bei den Whiskyfans, da es sich hierbei um die industriellen Massenproduzenten auf der Insel handelt. Der Fertigungsprozess hat hier mit den nostalgischen Bildern, die man bei Whisky im Kopf hat, endgültig nichts mehr zu tun. Trotzdem muss man sagen, dass sie immer wieder richtig gute Tropfen im Sortiment haben. Hier haben wir einen ziemlich alten, Whiskies of Scotland, 30 Jahre, 53,6%. Da ist die Erwartungshaltung dann doch recht hoch, auch wenn mich Caol Ila bislang vor allem bei den sehr jungen überzeugt hat. Der Geruch ist aber schon mal ziemlich mächtig und auch richtig schön. Ganz kurz ist eine Assoziation zu Lösungsmittel da, die aber sofort einem reifen Pfirsich weicht. Der Torf steht auch hier eher im Hintergrund. Im Mund ist er würzig, mit Holz und Leder. Der Abgang bringt bittere Töne hervor, dann ganz spät etwas Malz. Trotz Fassstärke braucht der ziemlich große Schlucke, um zur Geltung zu kommen. Insgesamt ganz schön, aber nicht überragend.

auriverdesMit Nummer vier wird es dann schlagartig typisch; man muss nur in die Nähe der Gläser gehen, um Islay pur zu bekommen. Ardbeg Auriverdes, 49,9%. Der Auriverdes ist die aktuelle limitierte Sonderabfüllung von Ardbeg, die sie inzwischen regelmäßig auf den Markt bringen und die genauso regelmäßig innerhalb kürzester Zeit völlige Phantasiepreise auf Ebay aufrufen. Der Vorwurf, dass es sich hierbei mehr um geschicktes Marketing denn um guten Whisky handelt, ist aber aus meiner Sicht nicht gerechtfertigt. Mit Ausnahme des Galileo fand ich bislang alle diese Abfüllungen ziemlich gelungen, wenn auch in der Tat etwas zu teuer. Der Auriverdes macht also wie gesagt schon beim ersten Atemzug über dem Glas klar, aus welcher Destillerie er kommt. Da ist mächtig Torf drin, dahinter ein wenig Frucht. Im Mund bleibt er wuchtig. Kohle, Teer, herbe Früchte, nach etwas Zeit im Glas kommt mehr Süße dazu und der Rauch schwächt sich ab. Im Abgang kommt Kaffee dazu. Gefällt mir ausgesprochen gut und gewinnt den ersten Teil des Abends völlig problemlos.

cairdeasNach der Essenspause bleibt es massiv. Laphroaig Cairdeas 2014, 51,4%. Wie auch beim Ardbeg gibt es hier keine Altersangabe, die hierfür verwendeten Whiskys waren wohl zwischen 5 und 10 Jahren im Bourbon- und danach noch ein Jahr in Amontillado-Fässern. Ebenfalls wie beim Auriverdes verheimlicht auch der Cairdeas nicht, wo er herkommt. Der typische medizinische Torfgeruch macht sofort klar, um welche Brennerei es sich handelt. Auch der Geschmack ist ganz klar Laphroaig, hier aber kombiniert mit einer angenehmen Süße durch die Sherryfässer. Etwas ungewöhnlich ist die Entwicklung. Es beginnt herb, dann kommt der Sherry und schließlich noch Frucht, die man eher nicht erwarten würde. Insgesamt sehr gut, wenn auch dem vermutlich eher geringen Alter und der Fassstärke geschuldet recht ruppig.

port_charlotteDie extremsten Abfüllungen in Bezug auf Torf kommen zwischenzeitlich von Bruichladdich, wenn auch nicht unter eigenem Namen. Hier haben wir eine Clubabfüllung zum 100. Nürnberger Whiskystammtisch – Port Charlotte, fresh Irish hogshead 630, 10 Jahre, 63%. Wie die meisten Port Charlottes, die ich bislang probiert hab, ist mir das klar zu viel des Guten. Schon beim Geruch hat man den Einruck, dass hier statt Gerste Schwarzgeräuchertes destilliert wurde. Dahinter gibt es eine schwere Süße. Im Mund ist er genau so extrem, wie der Geruch es vermuten lässt. Pur ist mir das zu krass; mit Wasser ist er trinkbar, aber auf solche Torfattacken hab ich trotzdem nur sehr selten Lust. Von der Halbliterflasche PC5, die ich 2007 von Islay mitgebracht habe, ist auch noch die Hälfte drin.

octomoreDen Abschluss macht der vermeintlich extremste Whisky, ebenfalls von Bruichladdich: Octomore 06.1_167, 5 Jahre, 57%. Die Octomore-Abfüllungen sind das Experiment, wie viel Torf man überhaupt in einen Whisky reinbekommen kann. Hier sind es 167 ppm und damit gut das Vierfache von dem, was die Abfüllungen von Laphroaig, Ardbeg oder Lagavulin normalerweise aufweisen. Das klingt völlig verrückt, funktioniert aber nicht nur überraschend gut, sondern ist im Ergebnis auch wesentlich weniger extrem als bei Port Charlotte. Der Geruch ist ganz eigen, aber nicht in erster Linie torfig, sondern eher fruchtig und frisch. Am Tisch fällt die Assoziation Cheese Cake mit Mandarinen und das passt ziemlich gut. Der Geschmack ist zwar kräftig, aber ebenfalls weit weniger torfig als man erwarten sollte. Torf kommt insgesamt eher zum Schluss durch, davor gibt es starke Fruchtigkeit mit einem durchaus angenehmen Biss. Das alles ist aus meiner Sicht nicht nur eine sehr gelungene Komposition, sondern auch völlig einzigartig. Ich kenne nichts vergleichbares. Für mich der klare Gewinner des Abends und wenn der nicht so derbe teuer wäre, hätte ich den schon zu Hause im Regal stehen.


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