41. „Ist es Freude, ist es Schmerz?“

Auf nicht weniger als 1200 Seiten hat der Historiker und Herausgeber deutsche Gedichte von 305 Autorinnen und Autoren mit jüdischen Wurzeln versammelt: „Ist es Freude, ist es Schmerz?“

Viereinhalb Jahre recherchierte Schmidt minuziös und hartnäckig für diese alphabetische Anthologie, deren früheste Gedichte von Moses Mendelssohn von 1777 stammen und die aktuellsten u.a. vom 1960 geborenen Maxim Biller. Eine Herkules-Aufgabe, beflügelt von seinem Herzenswunsch nach „einer Symbiose zwischen Juden und Deutschen.“ Und man kann es zweifellos als Wertschätzung lesen, dass Stéphane Hessel, Widerstandskämpfer, Buchenwald-Überlebender und Schriftsteller, das Geleitwort schrieb. „Lebensbilder von Atem nehmender Traurigkeit“ zeige das Buch ebenso wie „die Vielfalt jüdischen Geisteslebens in den deutschsprachigen Kulturen.“

„Vielleicht hilft das Buch ,mehr Verständnis zu schaffen“, hofft der 1928 in Leipzig geborene Herausgeber. Herbert Schmidt war zehn Jahre, als die Nazis in seiner Geburtsstadt Juden in den Fluss trieben und steinigten. Tief brannte sich dieses Erlebnis ins Gedächtnis des Jungen, in dessen Elternhaus Hitler ein Schimpfwort war. …

Auch bei Franz Kafka blieb Schmidt beharrlich: Wer so zärtliche Liebesbriefe schreibt, der hat auch Gedichte verfasst, war er sicher – und grub 12 Vers-Werke Kafkas aus. Ganz selten bekam der Rechercheur eine Absage. Ruth Klüger, die ihre in Auschwitz verfassten Kindheitsgedichte „nicht mehr angemessen“ fand und nicht veröffentlichen lassen wollte, zählt zu den wenigen Ausnahmen. / westen.de



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