40.000 gegen Sieben


Massenhafter Widerstand: Zehntausende demonstrieren in München gegen den G-7-Gipfel auf Schloss Elmau. Gespannte Ruhe in Garmisch-Partenkirchen

Es war die größte politische Kundgebung in München seit Jahren. Laut Veranstalterangaben 40.000 Menschen – die Polizei korrigierte sich im Laufe des Tages von 6.000 auf 12.000 und später auf 34.000 Teilnehmer – beteiligten sich am Donnerstag am Protest gegen den G-7-Gipfel, der am Wochenende im oberbayerischen Elmau stattfinden soll. Schon zum Auftakt war der Stachus so voll, dass die Polizei an den U-Bahnausgängen vor Stau auf den Rolltreppen warnte. Oben hatte sich eine bunte Masse versammelt, in der Angehörige der jungen »Generation Praktikum« ebenso vertreten waren wie Gewerkschafter, Rentner und Bauern. Fahnen der Deutschen Kommunistischen Partei, der KatholischenArbeitnehmerbewegung, der Grünen Jugend und von Umweltgruppen waren zu sehen, dazwischen Dreadlocks und Dirndl, regenbogenfarbene Pace-Flaggen und die weiße Friedenstaube auf blauem Grund. »Yes we can – Stop TTIP« stand auf Pappschildern, die zahlreich verteilt worden waren, um gegen das geplante Freihandelsabkommen zwischen EU und USA zu protestieren. Auf dem Alternativgipfel, der seit Mittwoch in Bayerns Landeshauptstadt tagt, war schon zuvor gewarnt worden, dass TTIP es Investoren ermöglichen werde, gegen einzelne Länder zu klagen, wenn deren Entscheidungen für soziale und ökologische Standards die Gewinne schmälern.

Die Organisatoren der Großdemonstration betonten noch einmal, dass es keine Spaltung zwischen den Gruppen, die den »Gipfel der Alternativen« ausrichteten, und dem Bündnis »Stop G 7 Elmau«, das zu Blockaden rund um den Tagungsort in den Alpen aufruft, gebe. Ziviler Ungehorsam und die inhaltliche Gegenveranstaltung gehörten zusammen, erklärten sie unter Applaus.

In Garmisch-Partenkirchen, wo für das Wochenende Tausende Menschen zum Protest erwartet werden, herrschte unterdessen feiertägliche Ruhe. Wie in dem Kurort an Fronleichnam üblich, spazierten viele Einwohner in Trachten durch die stillen Straßen. Nur die unzähligen Polizeifahrzeuge irritierten. Auch an allen kleinen Bahnstationen entlang der Eisenbahnstrecke nach München standen uniformierte Posten und schauten nach den von der Landesregierung beschworenen Krawalltouristen aus. Zu tun hatten sie bislang nichts. Auch nicht in Garmisch, wo an einem Schotterweg am Stadtrand das Protestcamp liegt, das erst am Dienstag genehmigt worden war. Die Beamten, die zur Bewachung des Eingangs zum Zeltlager abgestellt wurden, lehnten gelangweilt an ihren Autos. Im Gespräch mit jW erzählte Georg Ismael vom Bündnis »Stop G 7 Elmau«, dass viele Nachbarn bereits vorbeigekommen seien und sogar beim Aufbau geholfen hätten. Zu den geplanten Veranstaltungen sind sie explizit eingeladen. Die Berührungsängste sind offenkundig nicht groß: Wer verloren mit großem Rucksack und Karte im Ortszentrum steht, darf darauf hoffen, gleich mehrfach in aller Freundlichkeit und Ausführlichkeit den Weg zum Camp erklärt zu bekommen.

Auf dem Platz selbst stehen verteilt stabile Großzelte, die für Veranstaltungen und zum Schlafen genutzt werden können. Ismael schätzte die Zahl der bislang im Camp Angekommenen auf etwa 200 Personen. Mit den Bussen, die nach Abschluss der Demonstration aus München erwartet wurden, dürften es einige mehr geworden sein.

Im Einlasszelt wurden Plakate für die Campbeschilderung gemalt. Jemand bat darum, auch Hinweise für die Journalisten im Eingangsbereich anzubringen. Die sollen hier nur von 10 bis 11 Uhr und in Begleitung unterwegs sein. Doch auf der Wiese um den abgesperrten Bereich sieht man Kameraleute, die durchgehend filmen. Das allerdings sind keine Reporter, sondern Polizisten, erklärte Ismael.

Quelle: http://www.jungewelt.de/2015/06-05/060.php


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