Tiefschürfende Analysen mit blumigen Beschreibungen und wilden Assoziationen gibt es beim Sommertasting normalerweise weniger. Hier steht das lockere Zusammensein im Vordergrund, weswegen auch meist weniger anspruchsvolle Tropfen auf dem Programm stehen.Im ersten Teil sind es drei Cocktails auf Whisk(e)y-Basis, im zweiten jeweils ein Vertreter aus den Kategorien Irish, Rye und Malt.
Das Wetter ist nur beinahe hochsommerlich, aber immerhin warm genug, um die Veranstaltung draußen abhalten zu können. Wir besetzen die Terrasse des A Tavola komplett. Das macht erklärende Worte eher schwierig, aber davon gibt es heute eh nur sehr wenig. Am Anfang beschränkt es sich auf den Hinweis, die Cocktails vom Alkoholgehalt nicht zu unterschätzen. Zwar sind es nur kleine Gläser, aber in jedem befindet sich mindestens ein doppelter Whisky, was ihnen ordentlich Gehalt gibt, auch wenn das nicht immer rauszuschmecken ist.
Nach einem Aperol Spritz als Aperitiv wird der Abend mit einem Irish Horse’s Neck eröffnet. Eigentlich besteht dieser Cocktail aus Bourbon, Ginger Ale und Angostura, in dieser Variante wird der Bourbon aber durch einen Jameson ersetzt. Der hält sich erwartungsgemäß geschmacklich etwas zurück und überlässt dem Ginger Ale die Bühne. Nur zum Schluss raus erkennt man den Whisky. Sehr süffig und sehr gut – und nicht ungefährlich. An dem kann man sich sehr gut festtrinken und hier haben wir auch einen typischen Kandidaten für die Kategorie „schmeckt nicht nach Alkohol, hat aber nicht zu wenig davon“. Ein wesentlicher Faktor könnte auch das Ginger Ale sein. Das ist nicht die übliche Zuckerplörre von Schweppes und Co, sondern das englische Fever Tree, das es im benachbarten Österreich gibt. Das ist pur schon hervorragend und schmeckt deutlich nach richtigem Ingwer.
Nummer zwei ist ein Klassiker an den Bars, den man allerdings kaum mehr in seiner Originalform bekommt. In den Old Fashioned gehört Rye Whiskey, mit dem nur noch wenige Bars ausgestattet sind. Meist wird er durch Bourbon ersetzt. Ich persönlich kann das ja gut nachvollziehen, denn mit Rye bin ich bislang nicht warm geworden. Dessen herb-bitterer Geschmack und seine Holznoten dominiert auch diesen Cocktail massiv und sind nun mal nicht so richtig meine Welt. Interessant ist er immerhin.
Der dritte Cocktail kommt aus Venezuela. Der Izcaraqua ist eine Mischung aus Scotch, Vermouth, Amaretto und anderem. Sehr süß, sehr wuchtig. Als Aperitiv kann ich mir den gut vorstellen (und das ist er ja auch, denn danach ist Essenspause), mehr als einen möchte ich aber eher nicht trinken. Dafür ist er mir dann doch wieder zu anstrengend.
Klarer Gewinner aus Teil eins ist damit der Irish Horse’s Neck.
Die Whiskys im zweiten Teil sind wie schon gesagt Vertreter jeweils einer Region und zwar parallel zu den in den Cocktails verwendeten. Der erste ist also ein Ire. Kein Jameson, sondern ein Yellow Spot 12 y.o., dreifach destilliert, in drei Fasssorten (nach)gelagert (Bourbon, Sherry und Malaga) mit 46%. Das klingt nicht schlecht, funktioniert aber nur so bedingt. Leider ergänzen sich die verschiedenen Komponenten hier nicht zu einer komplexen Komposition, sondern neutralisieren sich eher. In der Nase weich mit Vanille und Rosine, im Mund vor allem das Bourbonfass mit leichter Würze, insgesamt aber eher eindimensional und ohne wirkliche Entwicklung. Der Geschmack ist da, bleibt kurz und verblasst dann, der Abgang bleibt aus. Schade.
Der zweite Whiskey reißt es leider nicht raus, denn hier sind wir nur beim Rye. Der erfreut sich bei einigen ziemlicher Beliebtheit (und es gibt Stimmen, die im Rye den neuen Stern am Whiskyhimmel sehen, nachdem es zunehmend schwierig wird, zu bezahlbaren Preisen an richtig guten Malt ranzukommen) – für mich ist er auch pur nichts. Außer den deutlichen bitteren Holznoten ist Bienenwachs das einzige, was ich identifizieren kann. Nicht meiner Welt. Ach ja, dieser hier ist ein Michter’s Straight Rye, Single Barrel, 10 y.o., 46,4%. Immerhin ist die Flasche ganz cool.
Zum Abschluss noch ein Malt und hier erwarte ich mein persönliches Highlight. Longmorn Single Malts of Scotland, 21 y.o., 11.09.1992 – 25.03.2014, Hogshead #110979, 293 Bottles, 49,7%. Longmorn finde ich immer interessant, da der leider nicht mehr verfügbare 15jährige einer meiner absoluten Lieblingswhiskys war (wie ich sicher schon zig Mal erwähnt habe). Dieser hier hat nicht den überwältigenden Schmelz, den ich da so geschätzt habe, glänzt dafür aber mit einer sehr schönen Mischung aus Brombeeren, Schokolade und ein paar weiteren Fruchtnoten. Harmonische Kombination, deren ganze Komplexität ich leider nicht mehr völlig durchdringen kann. Toller Tropfen, nach drei Cocktails und zwei Whiskeys fast zu schade.
Auch wenn die heutige Auswahl mich insgesamt nicht umgehauen hat (aber so ist das nun mal mit Geschmack), es war ein schöner und geselliger Abend. Genau das war ja auch das Ziel der Übung.