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„Wer zählt die Bands, nennt die Namen, die gastlich hier zusammen kamen?“ In diesen an Herrn Schiller angelehnten Worten steckt schon eine ganze Menge von dem, was das „Blues Made in Italy“– Meeting ausmacht. Schaut man sich die Liste der teilnehmenden Bands und Einzelmusiker an, kann einem schon leicht schwindelig werden ob der angekündigten Masse.
Bei der vierten Edition gibt es zwei Neuerungen: Die musikalische Darbietungspalette erstreckt sich nicht nur über den gesamten Samstag (von 10 Uhr morgens bis weit nach Mitternacht), sondern bereits am Freitagabend gibt es ein Eröffnungskonzert mit der Band „Blue Stuff“ um den charismatischen Schlagzeuger Mario Insenga. Zudem gibt es am Sonntagnachmittag einen Auftritt eines der besten und vielseitigsten Gitarristen Italiens Marco Limido, der mit seinem Bruder Franco auch nördlich der Alpen in der Band Family Style Furore machte.
Es ist kein Festival, nein, es wird eigens betont, dass es sich bei der Veranstaltung im 40 km südlich von Verona gelegenen Cerea um ein Meeting von Bluesmusikern und Fans dieser facettenreichen Stilrichtung „Blues“ handelt.
Es ist eine Ehre als Musiker bei diesem Treffen dabei sein zu dürfen. Auch wenn ihre Auftritte auf ca. 15-20 Minuten beschränkt sind, werden auch weitere Anfahrtswege gerne in Kauf genommen.
Hektik kommt keinesfalls auf, es geht ruhig und gemütlich zu. Auch in den Umbaupausen. Diese werden durch die Moderation von Matteo Samsonetto (selbst ein hervorragender Bluesgitarrist) und Franco Limido (Sänger und Harmonikaspieler) überbrückt.
So gibt es keine Chance zur Langeweile. Was die schätzungsweise 3000 Zuschauer (gesehen über die 3 Tage) von etwa 50 Bands und damit über 200 Musikern geboten bekommen, ist schlicht gesagt der Wahnsinn.
Von den meisten der hier Musizierenden wird man in Deutschland sicher noch nichts gehört haben. Ich kann nur sagen „leider“, denn die Bluesszene in Italien kann stolz sein auf so viele hochkarätige Künstler.
In dieser Nachschau ist es schwierig, auf jeden Act einzeln einzugehen. So möchte ich einige stellvertretend hervorheben, was nicht heißt, dass die anderen es nicht auch verdient hätten.
Stephanie Océan Ghizzoni (Alligator Nail) bietet ein „Tribute to Etta James“. Sich an Etta James heranzuwagen, bedeutet nicht Mut, sondern Können. Spätestens bei „At Last“ jagen die wohligen Schauer über die Haut, was für eine ergreifende Performance. Was für eine Stimme! Was für eine Hingabe bei diesem Song! Mrs. James wird ihre Freude gehabt haben.
Überhaupt die Sängerinnen: Ketty Harley oder auch unter dem Namen Lady Blues bekannt, Lara Luppi, Agnese Mammoli, Veronica Sbergia oder auch Bluez Meg bieten eine gehörige stimmliche Bandbreite, von zart und weich bis hin zu rotzig und hart. Klasse! Klasse! Klasse!
Im Blues wohl das beliebteste Instrument ist die Gitarre. Und hervorragende Gitarristen sind absolut keine Mangelware im Stiefelland. Neben dem oben schon erwähnten Marco Limido hören wir Robi Zonca, Max „Slideboy“ de Palma (Bluestouch Slideband), Max de Bernardi, um nur einige zu nennen. Sie alle tun auf ihren Dobros, Fender- oder auch bisweilen Gibson- Sechsaitern einen gleichermaßen fantasievollen wie fantastischen Job.
Ebenso die Harmonikaspieler Rosario Claps (Blue Cat Blues). DieTastenleute wie Nico Pistolesi, Basser wie Sal Genovese oder Silvia Preda, Drummer wie Lele Zamperini, der auch schon Rudy Rotta’s Diensten stand.
Dann noch all die Ukulele- (Veronica Sbergia) Mandolinespieler, Akkoreonspieler, eine Cellistin, Backgroundsängerinnen etc….
Un grande spettacolo… das Alles!
Was für eine organisatorische und logistische Meiserleistung unter der Federführung von Lorenz Zadro, der zudem … na? … ebenfalls ein toller Gitarrist ist.
Für das leibliche Wohl ist selbstredend auch aufs Beste gesorgt. Natürlich gibt es alles, was den Durst löschen oder wieder anstacheln kann. Alkoholfreies, Wein, Bier aus bayrischen Landen, gleich in vier Sorten zu drei verschiedenen Abgabemengen: 0,25lm 0,5l und ,01l. Dazu verschiedene Gerichte, wie zum Beispiel „Piatto Bavarese“, eine bayrische Platte bestehend aus Schnitzel, Bratwürsten und Pommes. Ja, Pizza gibt’s auch, schließlich sind wir in Italien!
Blues ist Musik vom Volk fürs Volk. Und dass hier eine Volksfeststimmung herrscht, ist geradezu die natürliche Folge des Ganzen.
Wohin man schaut nur fröhliche Gesichter. Möglichkeiten zu Gesprächen gibt es zahllose: Von Musiker zu Musiker, von Zuschauer zu Musiker, alles geht äußerst familiär zu.
Der Samstagabend endet am Sonntagmorgen wie immer in einer gewaltigen Jam Session, bei der fast alle MusikerInnen noch einmal auf der Bühne stehen.
Für die Feinschmecker in Sachen Blues folgt am frühen Sonntagnachmittag noch ein Konzert von Marco Limido’ 100% Blues, bei dem er im ersten Teil mit seinen beiden Begleitern Silvia Preda (Bass) und Federico Delfini (Drums) einige Instrumentals zum Besten gibt. „Careless Love“ oder „Sleepwalk“ zum Beispiel, die beide klingen, als führte der selige Roy Buchanan die Finger über die Saiten.
Dann steigt Franco Limido mit Gesang und Harp ein. Das Trio wird durch zum Quartett. Später holt man noch Stephanie Océan Ghizzoni auf die Bühne, „Stormy Monday“ in Reinkultur. Mit einer Session endet gegen 16 Uhr der wunderschön angenehme, sonntägliche Spuk.
Nach drei so prall gefüllten, erlebnisreichen Tagen kommt schon Wehmut auf, als ich nach einer herzlichen Verabschiedung vom Parkplatz des Ausstellungsgeländes in Cerea rolle.
Musik verbindet Menschen, so haben sich neue Bekanntschaften gefunden, alte Bekanntschaften zu Freundschaften gewandelt und alte Freundschaften sich wieder bestätigt und noch mehr gefestigt. Mehr von solchen Events und die Welt hat eine Chance zur Besserung.
Ciao, alla prossima ….