4 Könige
3DramaEines der nervigsten Dinge in der Psychiatrie sind die ganzen unsinnigen Fragen. Darin sind sich die vier jungen Charaktere, die in Theresa von Eltz‘ Jugendfilm über Weihnachten dort gelandet sind, einig. Ironischerweise beginnt 4 Könige mit so einer Frage: Was magst du an Weihnachten? Der launischen Lara fällt zuerst ein, was sie nicht mag. Ganz ähnlich geht es dem Zuschauer. Eine Sache etwa wären kitschige Weihnachtsfilme. So einer will das Feiertags-Drama auf gar keinen Fall sein. Doch der Kitsch schleicht sich durch die Hintertür des im malerischen Wald gelegenen Handlungsorts.
Hier sitzen Lara (Jella Haase), die gegen ihre wohlhabenden Eltern rebelliert, Alex (Paula Beer), die ihrer klammernden Mutter entkommen will, der durch brutales Mobbing traumatisierte Fedja (Moritz Leu) und der hyperaggressive Timo (Jannis Niewöhner), der frisch aus der Geschlossenen kommt. Eine ungewöhnliche Situation, bemerkt der verantwortliche Dr. Wolff (Clemens Schick) bei der ersten Gruppentherapie des gegensätzlichen Quartetts: “…und wir müssen auch nicht so tun, als wäre das nicht so.“ Schön, wenn der Doktor damit einverstanden ist, tragen wir gleich zusammen, was hier alles ungewöhnlich ist.
Eine Pflegerin sagt anfangs, das Haus sei voll belegt. Trotzdem sieht man außer den vier Protagonisten nicht einen Patienten auf dem Gelände. Dafür gibt es rund ein Dutzend Schwestern für nicht einmal eine Handvoll Patienten. Letzte dürfen offenbar überall ein und aus gehen wie sie wollen. Dazu spazieren kleine Kinder im Bastelraum herum, anscheinend nur mit der Aufgabe, die vier Protagonisten am Heiligabend mit Pappkronen zu den Titelfiguren zu krönen. Nachtruhe, Therapiezeiten, geregelter Tagesablauf? All das gibt es nicht bei Dr. Wolff, der die Patienten in seinen Dokumenten kramen lässt und mit ihnen über sein Privatleben plaudert.
„Unkonventionell“ nennt dieses Verhalten der Pressetext; unverantwortlich und vor allem unrealistisch träfe es besser. Für Timo setzt sich Dr. Wolff besonders ein und legt ihn mit Fedja zusammen. Man muss kein Diplompsychologe sein, um zu ahnen, dass der Agro mit dem Angstpatienten nicht harmoniert. Die Warnungen einer Schwester, die nicht als einzige Timos Aggressionen gegenüber Frauen zu spüren bekommt, sehen Dr. Wolff und die Inszenierung als fieses „auf dem Kieker haben“. Vor Panik springt Fedja wenig später aus dem Fenster, aber pünktlich zum Fest ist er mit Gipsarm und Halsmanschette wieder da. Der Vorfall wird in der Handlung für ihn und Timo als entscheidender therapeutischer Fortschritt hingestellt.
Der lässig rauchende Doc lädt Timo sogar ein, außerhalb des Geländes unbeaufsichtigt zu laufen. Das tut der Problempatient dann auch, gemeinsam mit Lara, Alex, Fedja und einer Flasche Alkohol. Den haben die Jugendlichen der vermeintlich überstrengen Schwester aus dem Präsent-Korb geklaut. Nötig gewesen wäre das nicht, denn auf dem Getränkewagen stehen tatsächlich zwei Flaschen Moet & Chandon. Wer kann da dem überverständnisvollen Doktor verübeln, dass er im Sprechzimmer mit einer Bekannten ein Fläschchen trinkt? Natürlich die nörgelnde Kollegin, die für Regisseurin von Eltz scheinbar eine nahe Verwandte von Nurse Ratched ist.
Passenderweise entlädt sich Timos Wut gegen sie, worüber der Zuschauer wohl hämische Genugtuung empfinden soll. Dabei hat die Schwester in doppelter Hinsicht Recht mit ihrer Kritik, die Unfähigkeit der Führung gehe zu Lasten des Personals. Auf dramaturgischer Ebene geht die Unkenntnis der Regisseurin über den Psychiatriealltag zu Lasten der talentierten Darsteller. Sie geben den skizzenhaften Figuren trotz allem ansatzweise Glaubhaftigkeit, aber retten können sie die klischeehafte Story nicht. Schöne Bescherung.
Regie: Theresa von Eltz, Drehbuch: Esther Bernstorff, Theresa von Eltz, Darsteller: Jella Haase, Paula Beer, Jannis Niewöhner, Moritz Leu, Clemens Schick, Filmlänge: 103 Minuten, Kinostart: 04.12.2015, www.4koenige-derfilm.de
Autor
Lida Bachö&post;