Dieser Text provoziert zunächst durch seine Drastik. Die rohe Benennung des weiblichen Geschlechtsorgans gleich in der ersten Zeile scheint eine pornografische Pointe vorzubereiten. Die Anrufung des Geschlechts wird aber appliziert auf eine Institution des Rechts. Bei dieser kalkulierten Irritation bleibt es nicht. Romantik und Vulgarität, lyrische Feierlichkeit und harte Zote stoßen in der ersten Strophe mehrfach zusammen. Auf die paradox erscheinende Kombination der „Fotze“ mit dem „Landgericht“ folgt zunächst ein fast begütigend-melancholischer Vers, in dem sich das Ich wie in den Gedichten Else Lasker-Schülers oder Emmy Ball-Hennings als „ein blasser Traum“ imaginiert. Darauf lässt Ann Cotten aber sofort wieder eine kämpferische und radikal exhibitionistische Zeile folgen, die einen unorthodoxen Feminismus lanciert: „Frau ist alles, was ich kotze.“ / Michael Braun, Poetenladen, über das Gedicht “Rosa Meinung” von Ann Cotten