37. Klang des Brotes

Von Lnpoe

Siebenbürgisch hat nicht mehr so viele Sprecher, aber offenbar viele Varianten. „Brot“ hat in jedem Dorf einen anderen Vokal, lese ich:

Wie wir um das tägliche Brot beten.

Adolf Schullerus

Wenn einmal in Zeiten der Not – Gott behüte uns davor! – wir Siebenbürger Sachsen zusammen kämen und gemeinsam den lieben Gott um das tägliche Brot bitten würden, das gäbe bei aller Traurigkeit ein lustiges Konzert.

Zuerst würden, wie billig, die Städter einsetzen. Der Hermannstädter beginnt:
„As däjlich Brît gäw es hekt!“ Dem Schäßburger ist das nicht recht, er bittet um „det dâjlich Brît“,
der Mediascher dagegen um „det däjlich Brüut„. Nun kommt der Nösner und betet schwer und gewichtig: „Onser daijlich Brût gäf ons hait“, und zuletzt stimmt der Bartholomäer Kroner in das allgemeine Gebet ein, aber weil er zu spät kommt, verschluckt er sich und ruft nach dem täglichen „Brukt„.

Aber anders noch als die Städter beten die Bauern aus den verschiedenen Sachsengauen um das Brot.
Schon den „Umstädtern“ ist das Hermannstädter „Brît“ zu fein, sie verlangen derbere Kost.

Der Hammersdorfer will „Brüt„, der Schellenberger „Brîet„, der Großscheuerner wie der Hahnbächer „Briut„, der Kleinscheuerner „Briüt„, der Stolzenburger und Neudorfer „Bruit„.

Und so geht es nun den Harbach hinauf ins Agnethler und Schenker Gelände.
Der Agnethler, Schönberger, Schenker, alle beten sie um „det dâjlich Bruit„.

Im ganzen Mediascher Gelände aber bleibt man gern bei dem „Brüut“ der Stadt, wo nicht, wie in Großkopisch und Birthälm, ebenfalls das „Bruit“ hineinklingt. „Bruet“ wünscht der Zendrescher und Zuckmantler, „Bruit„, wie die meisten anderen Sachsen, der Repser, und gar die Burzenländer rufen, obgleich sie alle dasselbe schöne Korn bauen, einer immer anderes wie der andere, „Breout“ der Zeidner, „Bröut“ der Neustädter, „Brût“ der Marienburger, „Breit“ der Heldsdorfer, „Bruit“ der Brenndorfer, „Brat“ der Weidenbächer, „Briuet“ der Honigberger, „Brut“ der Tartlauer, „Brüt“ der Petersberger und Nußbächer, „Breüt“ der Rothbächer und endlich „Brüut“ der Schirkanyer.

Da höre ich aus dem Gewirre noch den Belleschdörfer heraus. „Breüt“ ruft er, der Busder „Bried„, der Deutsch-Piener „Brigd„, der Heltauer „Brîet„, der Martinsberger „Briuet„, der Nimescher „Brêüit„, der Prudner „Bruitch„, der Reichesdorfer „Breöüt„, der Seligstädter „Brutch„.

So klänge es durcheinander im fröhlichen Bittkonzert.
Und Gott hat uns das Brot noch nie versagt, wie immer wir darum gebeten haben.

Adolf Schullerus: Wie wir um das tägliche Brot beten
Entnommen aus: Deutsches Lesebuch für Mittelschulen in Rumänien, Hermannstadt 1935

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