37. Denkmöglichkeiten

Von Lnpoe

Im Dialog mit dem Unsinn entsteht oft erst der Sinn. Oder vielmehr das, was wir gemeinhin dafürhalten. Denn Sinn ist eben mehr als die Summe folgerichtiger Denkschritte. Diese logische Unschärfe ist die Bedingung der Möglichkeit von Poesie. Für die Dichtung gibt es weder Sinn noch Unsinn. In der Poesie sind alle Denkmöglichkeiten gleich gültig. Und sämtliche Verknüpfungen und Verkehrungen nicht nur erlaubt, sondern geboten. Darin sind Monika Rincks “Honigprotokolle” Poesie in Reinform.

Auch für Rincks neuen Lyrikband gilt: Der Zyklus ist mehr als die Summe seiner Honigprotokolle; und die Gedichte mehr als die Summe ihrer Verdrehtheiten. Kohärenz heißt es da, sei ein Fetisch, sogar Fluch. Sechsundsechzig Texte werden im Index aufgeführt. Paarweise – oder vielmehr beinchenweise. Denn wie die Biene an ihren zwei Hinterbeinen klebrigen Pollen für Honig in den Bienenstock trägt, sammelt das fleißige Lyrikbienchen hier Honigprotokolle für seine Gedichte. An einer aufmerksamen Sammlerin bleibt eben von überallher immer ein bisschen süßer Wahrnehmungspollen hängen. Dieser klebt dann scheinbar wie von selbst zu köstlichem lyrischem Honig zusammen. Das ist der poetische Lebenssaft, aus dem Monika Rincks “Honigprotokolle” sind. / Michaela Schmitz, DLF

Monika Rinck: Honigprotokolle. Sieben Skizzen zu Gedichten, welche sehr gut sind.
Gedichte.
kookbooks Verlag 2012, 80 Seiten
19,90 Euro