Außer Gebrauch geratene Heilpflanzen wie das “Gemeine Herzgespann” haben es ihm angetan. Das Wildkraut beschreibt er bis ins kleinste Detail. Bei aller Pedanterie haben Kirstens Verse Rhythmus, Melodie und Pointe. Sie konservieren nicht nur, sie bewahren vergangene Kultur, auch verloren gegangene Sprachkultur. Im Hessischen wird er zum Landschreiter. Sonst bleibt der Mann aus Weimar Flurgänger. Er durchstreift überwiegend sächsische Gefilde. Sein lichtüberfluteter Morgen bringt abgewohnte, ausrangierte und zerfallende Dinge zum Vorschein. Für ihn ist Gerümpel “abgeschriebenes, verdinglichtes Leben”, das er im Gedicht akribisch versammelt. Wo die Flüchtigkeit der zeitgenössischen Wegwerfgesellschaft rast, eröffnet Kirsten ein Museum der abgehalfterten Dinge. Die Gegenstände bleiben sie selbst und werden nicht auf Zeichen getrimmt. / Dorothea von Törne, Die Welt
Wulf Kirsten: fliehende ansicht. S. Fischer, Frankfurt/M. 82 S., 16,99 Euro.