So kurz vor dem verlängerten Wochenende hier noch schnell die Zusammenfassung der heutigen Vorlesung:
Zu Beginn der Veranstaltung haben wir die verschiedenen Arten, eine Nachricht zu vermitteln, durchgenommen. Oder anders: Unser Schreiben ist immer adressatenbezogen. Mit einem Handwerker reden wir anders als mit unserem Partner oder der besten Freundin.
Die Sprache ist daher ein Diasystem, also ein System, welches widerrum aus mehreren Systemen besteht.
Die Semiotik
Die Semiotik ist ein Teil der Sprachwissenschaft, der jedoch in gewisser Weise auch weit über die Sprachwissenschaft hinaus geht. Sie befasst sich ihrerseits mit Zeichen, zu deren besonderen Charakteristika es gehört, für etwas anderes zu stehen bzw. etwas anderes repräsentieren. Alles, was sinnlich irgendwie wahrnehmbar ist, kann ein Zeichen sein.
Ein gutes Beispiel dafür, dass es wichtig ist, Zeichen zu kennen, um diese zu verstehen, ist die Malerei. Hier steht beispielsweise ein Papagei, der bekanntlich nur sprechen, aber nicht verstehen kann, für die Eitelkeit oder ein umgekipptes Glas für den Tod. Auch in diesem Falle erfüllen die Zeichen eine Stellvertreterfunktion.
Peirce (1839-1914) ist ein amerikanischer Philosoph, der zu Lebzeiten relativ unbekannt war, der jedoch auch den Satz
"Das ganze Universum ist von Zeichen durchdrungen, wenn es nicht sogar ausschließlich aus Zeichen besteht."geprägt hat.
Das Wort "Semiose" setzt er mit dem Umstand gleich, dass etwas als Zeichen fungiert und vertritt die sogenannte "triadische Struktur".
"Triadisch" bedeutet in diesem Zusammenhang die Beziehung zwischen...:
- dem Zeichen
- der bezeichneten Sache
- der Bedeutung des Zeichens
- Index/ indexikalische Zeichen: Diese Art der Zeichen drückt die Folge eines Geschehens aus (s. a. Ursache-Folge-Verhältnis). Der Index fungiert als (An)zeichen für etwas bzw. als Folge von etwas und ist kulturabhängig... natürlich sind auch teilweise unterschiedliche Deutungen der Indexe möglich.
- z.B.: Delle im Auto verweist auf einen Unfall usw. . Außerdem kann (fast) alles Non-verbale (also Gestik, Mimik usw.) dem Indexikalischen zugeordnet werden.
- Ikone: Ikonen liegt ein Ähnlichkeitsverhältnis zugrunde. Daher können vor allem Piktogramme oft als ikonische Zeichen erkannt werden. Auch bei der Deutung der Ikone liegen kulturelle Unterschiede vor.
- z.B. ikonische Elemente finden sich teilweise auch in der schriftlichen Sprache. Hyroglyphen bestanden früher ausschließlich aus Bildern. Die Lautzeichen entstanden erst später. Worte können -wie am Beispiel der Onomatopoetik- auch ikonisch fungieren. "Wauwau" imitiert beispielsweise das Bellen eines Hundes, "ROAR!" im Comic das Starten eines Autos. Formikonische Worte hingegen sind beispielsweise "V-Ausschnitt" oder "T-Träger".
- Symbole: Symbolen liegt weder ein Ähnlichkeits- noch ein Folgeverhältnis zugrunde. Die Zuordnung eines Zeichens ist konventionell bedingt und abiträr (willkürlich) - beruht also auf Verabredung.
- z.B.: Das Symbol der weißen Taube steht für den Frieden. Die Grundlage hierfür bilden die Geschichten aus dem Alten Testament. Dieser Umstand ist in der Gesellschaft weitestgehend vergessen. Auch sprachliche Zeichen werden den Symbolen zugeordnet.
- langage (= die allgemeine Sprach- und Sprechfähigkeit einer Einzelsprache/ der Mechanismen)
- langue (= das System einer Einzelsprache, z. B.: Wie funktioniert die Ableitung von Substantiven?)
- parole (= Sprachrealisierung und Sprechen, z. B.: Wie werden Worte in den neuen Medien verwendet?)
Zusammenfassend kann also gesagt werden, dass sprachliche Zeichen der Beliebigkeit unterliegen und linear sind. Linear bedeutet in diesem Kontext, dass sich die sprachlichen Zeichen die Eigenschaften der jeweiligen Zeit aneignen und die einzelnen Sätze zudem lineare Gebilde darstellen.
In diesem Zusammenhang kann auch von syntakmatischen bzw. paradigmartischen Beziehungen gesprochen werden.
Beispielsatz: Morgen jogge ich.
Die syntakmatische Beziehung bezieht sich auf die einzelnen Worte im Satz und deren Verhältnis/ ihre Reihenfolge zueinander. Man könnte zum Beispiel auch "Ich jogge morgen." schreiben.
Die paradigmatische Beziehung bezieht sich auf die Austauschbarkeit einzelner Worte. Anstelle von "jogge" könnte beispielsweise auch "laufe" genutzt werden.
Zeichen bzw. Sprache kann entweder synchron oder diachron untersucht werden. Bei der synchronen Variante steht die Sprache zu einem bestimmten Zeitpunkt im Vordergrund (Beispielfrage: Wie haben die Menschen im Jahre 1850 in Bayern gesprochen?). Bei der diachronen Untersuchung der Sprache wird die Sprachen zwischen zwei Zeitpunkten miteinander verglichen (Beispielfrage: Hat sich die Art des Sprechens zwischen 1970 und 1990 verändert?). Einzelne Sprachwandelsysteme werden in diesem Zusammenhang erfasst und der Spot auf den besagten Zeitraum gelegt.
Eugenio Coseriu hat das System von Saussure erweitert. Er legt seiner Theorie die "System-Norm-Rede"- Regel zugrunde.
System: Wo sind die Worte im Satz zun finden? Wie ist der Satz augebaut?Norm: Welcher Satzbau entspricht der Norm? Welcher Satzbau wird von der Gesellschaft akzeptiert?
Regel: Wie wird die Sprache tatsählich realisiert? (vielleicht teilweise auch entgegen der Norm?)
Die Wissenschaftler Ogden und Richards haben sich u. a. mit dem sog. Semiotischen Dreieck befasst, jedoch auch herausgefunden, dass ein "basic english", welches 1000 Wörter der Sprache umfasst, dabei hilft, ca. 70% bis 80% aller Texte verstehen zu können.
Beispielsatz: "The gostata distims the doshes."
Es handelt sich bei diesem Satz um fiktive Worte. Dennoch ist es möglich, anhand der Satzstellung und der Pluralendung Aussagen über die Position des Verbs, des Subjekts und des Objekts zu treffen.
PS.: Zu finden ist dieser Satz übrigens im Buch "The Meaning of Meaning" von 1923.
Charles W. Morris war ein amerikanischer Psychologe und Philosoph, dessen Forschung vor allem vom Behaviorismus, der das Verhalten von Lebewesen aus naturwissenschaftlicher Sicht untersucht, geprägt war. Ein gutes Beispiel hierfür ist die Konditionierung im Rahmen des Pawlowschen Hundeversuchs. Nur eben arbeitet Morris eben auf sprachlicher Ebene.
Unter dem Begriff der Semiose versteht er die Frage, wie Zeichen überhaupt funktionieren.
Morris versteht unter Syntaktik die Frage, wie einzelne Zeichen miteinander kombiniert werden; unter Semantik welche Bedingungen für welche Interpretation vorliegen müssen (z. B.: Wie muss ein Feuer beschaffen sein, damit es eine Brandgefahr darstellt?) und unter Pragmatik die biologischen und soziologischen Phänomene (z. B. Was löst ein lauter Knall bei Kriegsveteranen aus?).
Im Allgemeinen kann zudem noch in vage und in präzise Zeichen unterschieden werden. Vage Zeichen lassen mehrere Deutungen zu. Hier sind ironische Sprüche ein gutes Beispiel. An der Bedeutung präziser Zeichen bleiben keine Zweifel.
Organonmodell nach Bühler
Karl Bühler (1879-1963) befasste sich mit der fiktionalen Sprachwissenschaft. Er bezeichnete, wie auch schon Platon, die Sprache als ein Werkzeug ("organum"), welches es den Menschen erlaubt, sich mitzuteilen. Das Organonmodell unterscheidet zwischen "apperzeptiver Ergänzung" und "abstraktiver Relevanz".Apperzeptive Ergänzung: Im akustischen Signal kommt weniger an als das Sprachzeichen ausmacht (z. B. Empfangsstörungen am Handy).
Abstraktive Relevanz: Das Zeichen enthält im Verstehungsprozess Überflüssiges, welches gefiltert werden muss (z. B. Stottern oder Lispeln). Das Sprachphänomen ist hier größer als der jeweilige Inhalt.