Themistokles (Sullivan Stapleton) sucht Hilfe bei Königin Gorgo (Lena Headey) von Sparta in “300: Rise of an Empire”
Bevor Zack Snyder seinen Man of Steel inszenierte, war der Regisseur vor allem durch seinen visuellen Stil auffällig geworden. Ob Watchmen oder Sucker Punch, sogar sein Animationsfilm Die Legende der Wächter wirkte durch extrem durchgestylte Zeitlupenaufnahmen und unnatürlichen Farbkompositionen und Bildgestaltungsmitteln wie ein Relikt aus seiner Vergangenheit als Werbefilmer. Ganz oben auf dieser Liste steht sicherlich die Graphic Novel Verfilmung 300, in der Gerard Butler und Michael Fassbender mit 298 anderen Männern Spartas gegen das persische Reich in den Krieg ziehen. Während die Schlacht bei den Thermopylen auf dem Lande geführt wurde, findet in 300: Rise of an Empire zeitgleich die Seeschlacht bei Artemision statt, in der die Perser unter dem Kommando von Eva Greens Artemisia Athen zu ihrem Angriffsziel erklären.
Snyder fungiert hier jedoch nur noch als ausführender Produzent, der die Regie dem israelischen Filmemacher Noam Murro (Smart People, 2008) überlassen hat. So sehr Zack Snyder im Hintergrund für Ratschläge bereit gestanden haben mag (und gemeinsam mit Kurt Johnstad das Drehbuch nach dem Comic Xerxes beigesteuert hat), so wenig ist bei Murro in der Verwendung der visuellen Mittel eine Form, ein Konzept zu erkennen. Was Snyder in seinen Filmen perfektioniert hat, wirkt bei Murro wie wahllos kopiert. Die Ästhetik des ersten 300 verwandelt sich hier in ein krampfhaft angewandtes Mittel, mit dem Murro nicht viel anzufangen weiß. Nur per Zufall scheint er die Zeitlupen und Blutorgien einzustreuen, verliert sich in dem Versuch der Nachahmung, statt etwas Eigenes zu erschaffen.
Sullivan Stapelton als Themistokles
Die Stärke liegt dementsprechend im Drehbuch verborgen, nicht aber in der Inszenierung. Die Handlung spielt zeitgleich zu den Ereignissen in 300, geht ein wenig über dessen Ende hinaus. Die beiden Stränge wurden überraschend gut zusammengefügt. Immer wieder finden sich kleine Parallelen, ohne das Rise of an Empire auf die altbekannten Gesichter von Butler und Fassbender zurückgreifen müsste. David Wenham tritt noch einmal als Dilios auf, der in 300 sein linkes Auge verliert und fortan als Botschafter zwischen der Heimat und dem Kriegstreiben fungiert, Lena Headey gibt erneut die inzwischen verwitwete Königin Spartas und Rodrigo Santoro darf / muss einen enttäuschenden Auftritt als Gottkönig Xerxes hinlegen. Der Film gibt ihm nur einen kurzen Moment um einer Erzählung Platz einzuräumen, in der Xerxes sein unmenschliches Äußeres entfaltet, eine Art der Origin-Story, wie sie in Comics Verwendung findet, erzählt hier wie der Gottkönig zu seiner von Gold überzogenen Haut kommt.
Aber auch Sullivan Stapleton als Themistokles, der Gerard Butler als kriegstreibender Anführer gegen das übermächtige Persien ablöst, bleibt mit seinen Mannen eine eher schwache Erscheinung. Der Film wird von Eva Green bestimmt, die sich ausgerechnet in diesem Testosteron-Schwämmchen von einem Film als eigentlicher Hingucker vor allerlei geölten Muskeln und blutigen Schlachten behauptet. Sowohl Eva Green als auch die andere Dame des Films, Lena Headey, die nur wenige Minuten bekommt, die jedoch nicht minder Schlagkräftig sind, entfliehen jeglicher Vorstellung nur Hingucker zu sein, die knapp bekleidet zwar kämpfen, hauptsächlich aber zur Schaulust der Männer eingefügt wurden. Vielmehr entwickeln ihre Figuren so etwas wie Gefühlswelten, die entgegen jeder Mann-Figur in Rise of an Empire, nachvollziehbar erscheinen. Es sind zwei Frauen die über Männer befehlen, die Männer verloren haben, die Männer erschaffen können, im Falle von Greens Artemisia sogar selbsternannte Gottkönige. Sie sind keine Frauen die nur im Hintergrund die politischen Machenschaften steuern, sie sind Frauen die mit Schwertern in ihren Händen in Kriege ziehen und den Männern das Fürchten lehren.
Artemisia (Eva Green)
Immer wieder macht es am meisten Spaß, wenn man Eva Green zusehen darf, wie sie diabolisch ihre eigenen persischen Flotten in die Hinterhalte von Themistokles schickt. Der Übermacht an persischen Schiffen begegnet dieser nicht mit der rohen Gewalt die König Leonidas (Gerard Butler) noch in 300 hat walten lassen, sondern mit Witz und Verstand, was aber oftmals auch in blutigen Schlachten endet. Die Kämpfe, fernab der Zweierkonstellation Artemisia und Themistokles, sind eine weitere Schwachstelle dieses 300-Sidequels. Es fehlen die hervorragenden Choreographien und die erinnerungswürdigen Bilder des ersten Teils, sie weichen einer bloßen Materialschlacht, die trotz dem Versuch einer emotionalen Ebene (ein Vater-Sohn Gespann, dass natürlich entzweit werden muss) kein Mitfühlen, kein Mitleiden, kein Mitfiebern hervorbringen können.
Wo sind nur die Spartiaten hin, wie sie imposant von einer Klippe stürzen? Wo ist ein Aufschrei wie „Für Sparta“? Solche Momente fehlen, ganz schnell ist der Film vergessen. Dennoch ist da ein Funken Unterhaltsamkeit zu erkennen, immer dann wenn das Drehbuch von Snyder die Filme zusammen knüpft, immer wenn Eva Green ihre fiese Mine in die Kamera halten darf und süffisant von oben herab auf die Männerwelt blickt. Ihr Spiel übernimmt die Ästhetik, die dem Rest des Films schlichtweg fehlt.
Altersfreigabe: ab 18 Jahren
Produktionsland, Jahr: USA, 2013
Länge: ca. 102 Minuten
Regie: Noam Murro
Darsteller: Sullivan Stapleton, Eva Green, Lena Headey, Hans Matheson, Callan Mulvey, David Wenham, Rodrigo Santoro, Jack O‘Connell
Kinostart: 6. März 2014
Im Netz: warnerbros.de/300riseofanempire
Bilder © Warner Bros. Pictures Germany