Splendeurs et miséres des courtísans
Autor: Ferdinand Hardekopf
Aus der steilen, transparenten Nudel –
Quillt ein Quantum Quitten-Quark empor,
Ballt sich, physisch, zum gewürzten Strudel,
Kreist: ein Duftballon aus einem Rohr.
Wann (und wo?) war Schweben delikater?
In der Spannung wird man blass, wie Chrom,
Lehr- und Schüler folgen dem Theater,
Doch der Stern genießt sich autonom.
Hohe Hirnkraft wallt zu diesem Gase,
Da bestülpt der sachliche Adept
Das Gestirn mit einem Stengelglase,
Darin dottrig etwas Ei verebbt.
Vor gewagten Konstruktionen scheut er sich nicht, zum Beispiel: „Lehr- und Schüler“. Was den „Sinn“, die „Aussage“ der einzelnen Verse des Kurtisanengedichts angeht: Man kann suchen und finden; verzichtet man darauf, bleibt immer noch: Atmosphäre und Reine Musik. Oder anders: „Wann (und wo?) war Schweben delikater?“
Vielleicht spürt man im Kurtisanengedicht die Nüchternheit der Hardekopfschen Poesie, ihr Anti-Pathos, nicht so deutlich wie in anderen Gedichten von ihm. Ein Beispiel („Notiz“): Nach einer detaillierten Beschreibung (hier in freien Versen) einer zerrütteten Nacht, nah am Wahnsinn, die folgenden letzten Prosazeilen: „ … Übrigens bin ich durchaus imstande, den Ablauf solcher Empfindungen brüsk zu unterbrechen, `Amerikanismus’ anzuordnen und, mit einer Zigarette, kühlsten Herzens weiterzulesen in Henrì Beyles ‚Le Rouge et le Noir’. Selbstverständlich. / Die Lampe brennt ja noch“.
Das darf man nicht unterschlagen: Im Kontext eines genuin ironischen Werks empfindet der Leser manchmal auch die „ernsten“ und „ernstgemeinten“ Passagen als ironisch. Mit anderen Worten: Missverständnisse gibt es im Terrain der Lyrik immer (manches lebt davon). Und im kanonisierten Werk der großen Dichter findet man gelegentlich auch „Unfreiwilliges“, unfreiwillige Komik, unfreiwilliges Pathos, auch unfreiwillige Ironie. Manchmal ist eben der Empfänger sensibler, aufmerksamer als der Sender.
Bei allem, was man über Gedichte lesen und schreiben kann, sollte man sich daran erinnern, dass Lyrik eine „Spezialdisziplin“ ist (Nooteboom), eine Angelegenheit der Spezies „Sprachmenschen“, und die ist nicht sehr verbreitet. / Maximilian Zander, fixpoetry