Er motorisierte die Welt: Rudolf Diesel. Geboren ist er 1858 in Paris, wo sein Vater mit Lederwaren handelt. Als sich zwölf Jahre später der deutsch-französische Krieg ausbricht (1870/71) wandern die die Diesels weiter: die Eltern versuchen in London ihr Glück, Rudolf schicken sie zu Verwandten nach Augsburg. Dort stellt sich schnell heraus, dass er in Sachen Technik ein geschicktes Händchen hat. Die Gewerbeschule und die Industrieschule schließt er jeweils als Klassenbester ab. Spätestens jetzt ist klar: Rudolf will Ingenieur werden. Davon hält ihn selbst der Typhus nicht ab. Zwar hindert ihn die Krankheit daran, das Examen an der Technischen Hochschule München abzulegen, aber aufgeschoben ist nicht aufgehoben. Beim nächsten Prüfungstermin macht Diesel den besten Abschluss der Hochschulgeschichte, ehe die Eiszeit anbricht: Diesel entwickelt Kältemaschinen und baut eine Eisfabrik mit auf.
Nach einigen Jahren taut er gewissermaßen wieder auf und wendet sich den Wärmekraftmaschinen zu. Nach einigen gescheiterten Experimenten kann Rudolf Diesel Anfang der 1890er Jahre endlich die lang ersehnten Forschungsergebnisse veröffentlichen: „Theorie und Construktion eines rationellen Wärmemotors zum Ersatz der Dampfmaschine und der heute bekannten Verbrennungsmotoren“ steht auf dem Titelblatt. Wer sich durch die sperrige Überschrift nicht abschrecken lässt und die Studie aufblättert, kann die gedankliche Geburtsstunde des Dieselmotors nachlesen. Mit freundschaftlicher und finanzieller Unterstützung der Maschinenwerke Augsburg und Nürnberg (MAN) tuckert bald darauf das erste Aggregat. Diesels Erfindung macht Furore. Im Lauf der nächsten Jahre werden erst Schiffe und dann Lokomotiven mit seinen Motoren ausgestattet (bis sie größenmäßig in Autos passen, dauert es aber noch ein wenig). Selbst der Treibstoff – günstiger als Benzin – wird nach Diesel benannt.
Der erste Dieswelmotor (Foto: Chris Thomas)
Aber der nunmehr weltberühmte Motorenbauer ein Problem. Er kann nicht haushalten und ist ein lausiger Unternehmer. Obwohl er zwischenzeitlich Millionen verdient, steht er am Ende vor dem Ruin. Das Ende selbst ist nebulös. Diesel geht bei einer Dampfschifffahrt über Bord. Die einen munkeln von Selbstmord. Diesel sehe keinen Ausweg aus dem drohenden wirtschaftlichen Bankrott. Andere argwöhnen, Diesel sei einem seiner Feinde zum Urteil gefallen. In Amerika habe beispielsweise John D. Rockefeller eine Rechnung mit ihm offen, denn dessen Treibstoff ist billiger als Rockefellers Petroleum. Ob Rockefeller zu Ohren gekommen ist, dass Diesel sogar bereits über Biosprit gedacht hat? Auf der anderen Seite des Atlantiks habe der Deutsche Kaiser Wilhelm II. Rudolf Diesel nach dem Leben getrachtet, weil der seine kriegstauglichen Motoren überall in Europa verkauft habe, und nicht nur in Deutschland. Alle diese Verschwörungstheorien sind nie nachgewiesen worden. Klar ist nur, dass Rudolf Diesel 29. September 1913 im Ärmelkanal ertrunken ist– heute vor 100 Jahren.
Übrigens: Diesel selbst hat seine Motoren-Erfindung für nicht so bedeutend gehalten wie die sozialreformerischen Vorschläge in seinem Buch ‚Solidarimus‘. Dass er dafür nur milde belächelt wurde, hat ihm ordentlich zugesetzt. Mehr über Diesel und sein Leben findet sich bei einestages und bei Dieter Wunderlich...