Das erste Lesen war mir ein Rausch. Niemals zuvor war ich in einer so kurzen Zeit durch einen solchen Berg von Gedichten geritten. Atemlos, erschüttert, befreit. Ja, dachte ich immer wieder, so muss man das machen.
Region der Unähnlichkeit. Region of Unlikeness. Allein das Wort Unähnlichkeit, das Abweichende in der Identität, die selbst nicht identisch, flirrende Ränder, die ganze Dialektik in einem Wort. So wie Geschichte in einem Text von Graham zusammenschnurrt. Das ganze zwanzigste Jahrhundert. Rhythmisch, politisch, intellektuell. Als wäre Ordnung möglich. Als gäbe es einen Sinn jenseits des Gedichts. Aber:
„Schon zu Anfang, schon bevor sie schlüpften
war alles das gewußt werden konnte
vorbei.
Die Mutter war da, ein gelbes Auge auf mich gerichtet“
(Detail aus der Erschaffung des Menschen)
Als gäbe es Geschichte. Als sollte sie endlich beginnen.
/ Jan Kuhlbrodt, Poetenladen
Jorie Graham wurde 1950 in New York geboren, wuchs in Rom auf und studierte an der Sorbonne in Paris Philosophie und an der New York University Film. Für ihre Gedichte hat sie 1996 den Pulitzer Prize for Poetry erhalten. Sie lehrt als Boylston Professor of Rhetoric and Oratory an der Harvard University.
Jorie Graham bei Urs Engeler
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