Die Distanz der Autorin zum lyrischen Ich wird durch die Anrede eines Du noch vergrößert. Gäbe es den Begriff der Multi-Identität – auf Marica Bodrozic träfe er zu. Die äußeren Bewegungen folgen den inneren und umgekehrt. So sind lyrische Mischformen entstanden: Poeme, deren Herz- und Seelengrund die Erinnerung an die frühe Kindheit beim Großvater in Svib und die dörfliche Gemeinschaft bleibt. Mit großem zeitlichem Abstand findet die seit 1983 in Deutschland beheimatete Lyrikerin eine Sprache für das Grauen. Dennoch ist der Krieg nicht mehr Hauptthema. Stattdessen thematisiert sie das Verdrängen: „an den Mauern saßen die Alten / als sei nichts geschehen / (Löcher in Köpfen und Herzen -; / das waren hier schon immer nur normale Bilder) als habe nie einer geweint.“ / Dorothea von Törne, Die Welt
Marica Bodrozic: Quittenstunden. Otto Müller, Salzburg. 68 S., 18 Euro.