27.05.12

Von Guidorohm

Lange geschlafen, sehr lange, tief und traumlos, ich kann mich zumindest nicht an Träume erinnern, auch wenn da welche waren, was wahrscheinlich ist.
Jetzt sitze ich wieder hier und habe am Roman geschrieben, und auch wenn es nur eine Seite war, ist die eine Seite besser als gar nichts. Sie gibt mir ein gutes Gefühl, diese eine Seite, weil die Geschichte ein Stück größer geworden ist, sie ist gewachsen, so wie ein Kind.
Ein Kind ist sie. Man packt sie aus, überprüft ihren Körper, man päppelt sie mit Worten und Gedanken und Träumen und Hoffnungen und Ängsten auf, und in so einem frühen Stadium starrt sie einen an und weiß gar nicht, wie ihr geschieht. Sie hat noch keine Ahnung, wo die Reise hingehen soll, und ich würde gerne sagen, ich doch auch nicht, weil ich nur einen ungefähren Plan habe, eine ungefähre Ahnung. Die Karte, anhand derer ich mich orientiere, ist ungenau, da sind nur einzelne rote Linien zu erkennen. Nicht wirklich viel, nicht genug, um heil ans Ziel zu kommen. Die Geschichte vertraut mir, es bleibt ihr auch gar nichts anderes übrig. Sie nimmt mich an der Hand und blickt mich mit mutigen kleinen Augen an. Sie weiß noch nicht, was alles geschehen kann. Da sind so viele unbekannte Faktoren, die man nicht im Griff hat. Nie.
Ich werde versuchen, ein paar Worte zu finden, ein paar Äste, ein paar Steine, ein paar Bäume, um den Weg damit zu markieren. Ja, erst einmal geht es nur um die Markierungen, um eine Ahnung zu bekommen, wo es langgehen könnte.
Wenn es gut läuft, wenn wir gut laufen, wenn wir mehr und mehr Landschaft finden, dann könnte es klappen, dann könnte es sein, dass wir ins Ziel kommen. Ankommen. Dabei weiß ich gar nicht, was das sein soll, ein Ziel, und vor allem weiß ich nicht, wo es liegt. Aber das muss ich der Geschichte ja nicht erzählen. Es würde sie nur verunsichern, und das muss ja nun wirklich nicht sein.