27. März 2012, Über mein Blutbild, auch über den internationalen Kunstmarkt, 5.56 Uhr

Kaffee, Zigarette. Ich war gestern beim Arzt, der ein Blutbild von mir hatte malen lassen, das er nun interpretierte. Ein modernes Kunstwerk aus Zahlen. So wird man, ohne dass man es will, zu einem Mitglied der internationalen Kunstszene. Ich kann es bereits vor mir sehen: Rohms Blutbild, ausgestellt in den wichtigen, den bekannten Galerien. Mit einem Weinglas in der Hand bauen sich Menschen (nein, keine Menschen, sondern Kunstfreunde) davor auf, nicken wissend, verstehen, was das Labor (und ich) im Moment der Entstehung gedacht haben.
Kunst kommt von “Leben wollen”. Überleben wollen. Die richtigen Werte im richtigen Moment.
Museen könnten Interesse an meinem Blutbild bekunden. Große Kunstwerke sind ursprünglich und archaisch. Blut ins Spiel zu bringen, kann da nie ein Fehler sein.
Der Besitzer der örtlichen Arztgalerie erklärte, mein Porträt sei in Ordnung, mit dem könne ich leben. (Was soll das heißen? In Ordnung? Kein neuer van Gogh? Kein Jackson Pollock? Ich dachte, mein Blutbild würde den Kunstmarkt aufmischen. Ich hätte mehr trinken sollen, saufen, ein abgeschnittenes Ohr hätte ihn überzeugt.) Das Cholesterin sei etwas zu hoch. (Ha, ich wusste es, jetzt rückte er mit der Wahrheit raus, mein Blutbild überstieg den Horizont des durchschnittlichen Betrachters. Keine Kunst für die Massen, eher etwas für elitäre Kreise, ich sah bereits nervös zur Tür, durch die jeden Augenblick eine Art Peggy Guggenheim geschritten kommen musste. Sie würde schreien: Gekauft! Und dann würde sie mich zum Sex zwingen.)
“Das Cholesterin ist etwas hoch, aber das sollte Sie nicht sorgen. Denken Sie einfach darüber nach.”
Der Mann hat keine Ahnung von Kunst. Ich bin das Objekt und (in Zusammenarbeit mit dem Labor) der Künstler. Ich muss nicht über mein eigenes Bild nachdenken. Ich bin das Bild. Mein Körper wird sich schon etwas dabei gedacht haben, und wenn es nur sein Unterbewusstsein war, das sich hier zum Ausdruck brachte. Vielleicht hätte ich ein Wort in den Raum schmeißen sollen. “Surrealismus.” Nein, man darf den Mann nicht überfordern.
“Urin brauchen wir auch noch.”
Ja, die moderne Kunst macht vor nichts mehr halt. Jetzt soll ich also auch noch ein Urinbild herstellen lassen. Widerlich.
Ich hob die Schultern. “Sie müssen entschuldigen”, sagte ich, “aber das geht nicht. Die Erwartungshaltung baut da einen Damm.”
Jetzt unterhielten wir uns bereits über Architektur. Die Pläne stiegen mir zu Kopf, sah ich mich doch für Sekunden bei der Einweihung eines gigantischen Staudamms.
Er nickte und drückte mir einen kleinen Becher in die Hand, den ich ihm in den nächsten Tagen vorbei bringen solle. Dann horchte er mich ab, mit seinem kleinen Stethoskop spielte er einen, der dem Treiben in mir auf die Spur kommen wollte. Unverdächtig seien die Geräusche. Ein verhaltener Herzschlag. Ich hörte schon längst nicht mehr zu, weil ich aus dieser Galerie wollte. Nicht mit mir, dachte ich. Ich habe mit dem Kunstmarkt abgeschlossen. Du lieferst ihnen ein wirklich bedeutendes Bild und was machen die? Wollen dich ausnehmen wie eine Weihnachtsgans, bekommen nicht genug Rohm. Urin. Demnächst soll es eine Scheibe vom linken Fuß sein. Lass dich nicht mit diesen Seelenhändlern ein, denn die Kunst ist ein verrohter Ort für Kannibalen geworden. Die ziehen dich aus, bis du in der Unterhose vor ihnen stehst. Und wenn sie dann genug haben, schicken sie dich mit einem Urinbecher heim und klopfen dir auf die Schulter. Schlimmer kann man einen Künstler nicht behandeln. Seien Sie gewarnt und vermeiden Sie Galerien, machen Sie einen Bogen um diese Häuser, schlagen sie ein Kreuz, ein Rad, nur liefern Sie kein Blutbild. Man wird den wahren Wert ihrer Bilder sowieso nicht erkennen wollen, oder aber man wird sie aussaugen bis aufs … Eben!



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