Der Torwart der Autoren-Nationalmannschaft im Fußball, Jahrgang 1967, ist einer der wesentlichen deutschen Lyriker und Dramatiker. Mit »Schwarze Sonne scheine« erschien (wie alle seine Bücher bei Suhrkamp) vor Monaten einer der erregendsten Romane jüngerer Zeit. Natürlich schreibt er auch Fußball-Gedichte. Noch unveröffentlicht die untenstehende Ode auf den Trainer Hans Meyer – drei Mal mit dem FC Carl Zeiss Jena FDGB-Pokalsieger, später Coach von Enschede, Nürnberg, Mönchengladbach. / Hans-Dieter Schütt, ND
Albert Ostermaier im ND-Gespräch sehr poetisch über Büchner und Bayern München:
In «Dantons Tod« hilft ein Bürger dem anderen über die Pfütze. «Man muss mit Vorsicht auftreten.«Es könnte die «dünne Kruste« der Erde brechen und sich der alles verschlingende Abgrund auftun. Was bedeutet diese Szene, was bedeutet diese Fantasie für den Fußballrasen?
Büchner ist der Messi der deutschen Dramatik, jede Bewegung ist ebenso brüchig wie formvollendet, es sind Traumpässe in die Tiefe des Seelenraums. Ein genialer Spieler läuft immer auf dünnen Eis, er weiß um seinen Körper, jede Bewegung weiß um die Gefährdung. Er ist immer vorbereitet auf die Risse im Eis und weiß, dass er schneller sein muss. Man kann auf Eis wie ein Tänzer glänzen, aber auch elendig einbrechen und mit den Armen um sein Leben rudern. Das Schöne, zugleich Bittere ist: Beides kann von einem Augenblick zum nächsten passieren.
So beginnt die Meyer-Ode:
gehen sie davon aus dass
er über links kommt wo
sein herz flügel aber sein
hirn einen knöchel hat
mit dem er blind in die tiefe
des freien raums zwischen
den augenbrauen traum
pässe spielt …