24 Pesos, Blues au Château, 19.08.2011, La Chèze (F)

24 Pesos

24 Pesos

Was soll man zu dieser Band sagen? In einem Podcast von Paul Jones’ (Bluesband) wöchentlicher Bluessendung auf BBC 2 habe ich sie zum ersten Mal gehört. Und war überrascht. Es ist so gar nicht, was der Purist von einer Bluescombo erwartet.

Ich weiß ja, Erwartungen sind etwas für Leute, die keine Fantasie haben. Und darum können Erwartungen nur zu Enttäuschungen führen, wenn sie nicht erfüllt oder gar übertroffen werden.

Nein, um ehrlich zu sein, ich habe gar keine Erwartung an diese Band, die in Kennerkreisen so viel Aufsehen erreicht.

Kommt her, überrascht mich!

Ray Charles’ „I Don’t need No Doctor“ ist der Opener. Mir fällt natürlich auch gleich die Version von “Humble Pie” ein, aber hier kommt gleich etwas völlig anderes.

24 Pesos

24 Pesos

24 Pesos eben. Sie sind anders. Sie spielen anders. Sie interpretieren anders. Ihre Titel sind anders. Alles ist anders. Genau das bedeutet, dass sie ihren eigenen Weg eingeschlagen haben und diesen auch konsequent weiter verfolgen.

Dass diese Band so gut herüber kommt, bedeutet ja nicht gleich, dass alles andere schlecht ist. Sie ist einfach ein neuer bunter Farbtupfer im Gesamtbild. Wobei schrill das Wort „bunt“ wohl besser ersetzt.

Im Moment bin ich mir gar nicht so sicher, ob ich diese Band um Mastermind Julian Burdock so einfach abhandeln kann.

Dieses Konzert prasselt auf mich ein wie ein Orkan, dessen Ausmaße nicht absehbar sind.

Später werde ich zu Julian sagen: „Don’t let the Blues- police catch you…“. Und er wird lachen.

Mit diesem Satz habe ich es wohl getroffen. Und sein Lachen höre ich jetzt immer noch. Es hat etwas Bleibendes, wie die Erfahrung mit dieser Band, die sich so gar nicht ins 12- taktige Bluesschema pressen lässt.

Wenn ich ihnen so zuhöre, wie jetzt gerade wieder von CD, muss immer an Larry Garner’s Song „Don’t Stop Playing The Blues“ denken, in dem er eine Rap- Einlage bringt.

„Maxwell Street“, der Opener des 24 Pesos Albums „Busted Broken and Blue“ verinnerlicht diesen Sprechgesang gekoppelt mit dem Slidesound einer National Steel Guitar.

Nicht allen im Publikum gefällt diese Mischung. Im zweiten Song des Konzerts geht es sehr BeBop- mäßig zu. Scatgesang, Stakkato- Riffs… „Play some blues!!“ ruft eine Stimme aus der ersten Reihe.

Julian lacht breit von der Bühne hinab. Als ob er es geahnt hätte, dass eine solche Reaktion auf ihn wartet. Nach dem Titel schnappt er sich seine Dobro, steigt von der Bühne und spielt kurzerhand „I Can’t Be Satisfied“, solo und unplugged, um das kritische Zuschauergemüt zu beruhigen.

Danach allerdings knallt er ihm und uns allen seine Version von „Red House“ um die Ohren, die so gar nicht dem entspricht, was Jimi Hendrix dafür vorgesehen hat. Irgendwie ist es Funk und doch wieder eher nicht. 24 Pesos verunsichern den Schubladenstilistiker.

Das erneute Murren aus der ersten Reihe kommentiert Julian so: „Was willst du? Ich habe Jimi Hendrix immerhin live erlebt auf der Isle of Wight. Damals war ich 2 Jahre alt!“

Egal, welchen Titel die Band spielt, für mich sind es Songs, die ihre Wirkung erreichen. Bei mir und bei einer Menge anderer Leute.

Hip Hop, Rap, Soul, Funk, Rock, Country Blues, Chicago Blues, Texas Blues. Wer dann diese Schubladen braucht. Mir ist es ziemlich wurscht. Diese Musik trifft einen mir bisher unbekannten Nerv in mir.

24 Pesos

24 Pesos

Das einzige, das zählt, ist das Können der vier Musiker, das herüberzubringen, was ihnen am Herzen liegt. Julian ist ein ausgezeichneter Gitarrist und Sänger und die geborene „Rampensau“ obendrein.

Moz Gamble ist ein Keyboarder, der die Hammondsounds nur so krachen lässt, virtuos, vehement und immer auf den Punkt.

Silas Maitland am Bass und Mike Connolly an den Drums komplettieren das Quartett. Auch von diesen Beiden grundsolide Basisarbeit im Dienste der gesamten Band.

Sorry, wenn ich mich so begeistere, aber diese Truppe nimmt mich dorthin mit, wo ich noch nie war. Und es macht Spaß, diese neuen Regionen zu entdecken.

Ein Konzert der 24 Pesos ist wie eine Reise ins Ungewisse, du weißt nie, was dich hinter der nächsten Ecke erwartet. Und von diesen Ecken gibt es viele und ebenso viele Kanten, hier ist nichts geschliffen oder glatt poliert.

Sie wiegen dich in Sicherheit, einen Song zu durchschauen, um dich im nächsten Moment wieder völlig zu verwirren oder besser gesagt mit einer neuen Wendung zu überraschen.

Mit Julian habe ich mehrere Gespräche geführt. „Ich habe lange Jahre in Großbritannien als Session- Musiker gearbeitet, immer mein Leben mit Musik finanziert. Ich spiele auf Bar Mitzwa- Feiern oder auf Hochzeiten und wenn mich einer nach einem Beatles- Song fragt, spiele ich den auch, ich liebe übrigens diese Beatles Songs und singt den Eingangsriff von „Day Tripper“, „Got a good reason, to take the easy way out now“, zitiert er den Beatles Klassiker, vielleicht textlich nicht gerade der geeignetste Song für eine Hochzeit!“, lacht Julian. Und ich würde ihn jetzt gerne hören, diesen Song gespielt von den 24 Pesos. Ja!

Mit dem Titelsong der aktuellen CD „Busted Broken And Blue“ erleben wir einen Ausflug in den Jump Blues (erinnert mich etwas an Joe Jackson’s „Jump And Jive“ und mit „Day Becomes Night“ geht es dann in Richtung B. B. King, „Neckbones And Gumbo“ führt uns schließlich nach New Orleans.

Für Vielseitigkeit ist eine Menge Platz, die Eintönigkeit hat bei dieser Band keine Chance.

So bekommen die Vier für ihre CD, aber vor allem für ihre Live- Tätigkeit von mir die volle Punktzahl versehen mit einem Doppelplus, denn sie klingen genau wie einer ihrer eigenen Titel: „Low down, sweet and dirty“.

24 Pesos ist allemal ein Konzerterlebnis wert, die CD den Kauf ebenso und man darf jetzt schon gespannt sein auf ihr neues Werk, das gerade in der Mache ist.

Unbedingt, wirklich unbedingt nicht verpassen!!!!!



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