2011. Das Ende der Schuldsklaverei

2011. Das Ende der Schuldsklaverei

Jedes Volk wird geprüft; und die Prüfung meiner Umma ist das Geld. (Prophet Mohamed s.a.s.)

Wenn man vor einer Prüfung steht, ist es doch selbstverständlich, sich für diese Prüfung vorzubereiten, da einem sonst ein Scheitern – wenn nicht sogar eine Strafe bevorsteht. In diesem Fall möchte ich über den Mangel an Finanzwissen sprechen. Offenbar ist dieser nämlich weltweit besonders groß, wenn man bedenkt, dass nicht nur ein exponentiell ansteigendes Ungleichgewicht vorherrscht, sondern praktisch jeder Staat weltweit verschuldet ist. Und diese Schulden setzen sich nur selten aus dem eigentlichen Leihwert bzw. dem aufgenommenen Kredit zusammen. Es ist die Rede von Zinsen.

Wie aber ist es in einer auf Zins basierenden Welt möglich, ohne Zinsen zu wirtschaften?

Zunächst ist die Aufklärungsarbeit und die Warnung vor der Zinsgefahr zu verfolgen. Beispielsweise bietet die FMF – Finanzberatung für Muslime & Freunde die Möglichkeit, sich über das ethisch-korrekte und krisensichere System zu informieren.

Es ist eine Tatsache, dass keine Kultur weltweit mehr Wissen hervorbrachte, als der Islam. Jemand, der sich also an Gottes Gebote orientiert, ist durchaus in der Lage Lösungen zu entwickeln, die der Welt Nutzen bringen können. Dass diese Lösung nun im Finanzsektor gefunden wurde, sollte durchaus auch eine Inspiration für andere Bereiche sein. Die Leitmotive hierbei sind unbedingt Fairness, Gerechtigkeit und Nachhaltigkeit.

Um solche Projekte fördern zu können, sind ausreichend Liquidität und helfende Hände Voraussetzung. Es ist erstaunlich, zu beobachten, dass Nicht-Muslime sich als die eigentlichen Eigentümer ihres Kapitals ansehen, wo Muslime dieses Kapital als Gottes Eigentum ansehen, was sie geliehen bekamen, um es nach seinen Gesetzen zu investieren. Der sogenannten “Scharia”. Die Scharia-Normen beinhalten verschiedene  Pfeiler, die ebenso auch das Finanzsystem regulieren sollen. So ist “Riba”, der Handel mit Zinsen, streng verboten, da das Geld nur als Tauschmittel fungieren darf. Man kann dies mit dem Tausch von Äpfeln gegen Äpfel oder Mehl gegen Mehl vergleichen: Völlig kontraproduktiv! Somit ist auch das Mehren von Geld ohne eine entsprechende Produktion verboten. Ganz nach dem Prinzip: Geld vermehrt sich nicht von selbst.

Ein weiterer Tabu-Punkt ist “Gharar”, die Spekulation bzw. unsicheres Handeln. Man kann keine Vögel verkaufen, die noch frei herumfliegen. Es wäre völlig unsinnig, im Supermarkt ein Produkt bezahlen zu müssen, was nicht zur Verfügung steht. Man spricht hier auch von Leerverkäufen.

Auch “Maysir”, das Glücksspiel, ist nicht gestattet. Schließlich ist das Geld, wie bereits erwähnt, ein Tauschmittel und dient nicht zur produktfreien Selbstvermehrung. Sogar soziale und ethische Ausschlusskriterien werden bei diesem System berücksichtigt. Somit wären u.a. Fondspakete ohne Anteile am Waffen-, Pornographie-, Alkohol- und Tabak-Handel o.ä. enthalten. Dieses System appelliert nicht zur blinden Geldhortung, es motiviert sogar zur Investition des eigenen Vermögens. Lediglich die Ausführung ist eine Andere. Damit würde die Wirtschaft aufrecht erhalten, gefördert und nachhaltig reformiert. Gleichzeitig werden aber auch ethische Aspekte berücksichtigt und die “moderne Sklaverei” abgeschafft.

Denn wie wohl die meisten wissen: Im Falle einer Wirtschaftskrise, könnte ein Zins den Kreditnehmer in die Mangel nehmen. Zinsen geben einem zwar das Gefühl, schnell etwas zu erreichen bzw. erkaufen zu können, ermöglichen aber ebenso schnell Abhängigkeit.

Allah (t.) und der Prophet (s.a.s.) haben jedem, der mit Zinsen arbeitet, den Krieg erklärt. Somit sind der Zinsnehmer und Zinsgebende, der der den Zinsvertrag abschließt allesamt verflucht. Spürbar wird dies an den gewaltigen Preisanstiegen von Produkten, die auf Kredit hergestellt wurden und dessen “versteckte” Zinsanteile im Produktverkauf wieder zu finden sind. Es wird geschätzt, dass etwa 40 Prozent aller zu zahlenden Preise Zinsrückzahlungen sind. Auch die Staatsverschuldung, die durch die Verzugszinsen exponentiell ansteigt, wird in regelmäßigen Steuererhöhungen sichtbar.

Auch deutsche Wissenschaftler sind der Meinung, dass Zinsen schädlich für Wirtschaft, Umwelt, Gesellschaft, Staat und die dritte Welt sind.

Der Gesellschaftsschaden wird durch die freiwilligen zinsbasierten Kreditnehmer sichtbar. Diese nämlich werden freiwillig abhängig bzw. “versklavt”, denn sie müssen sich wie der Sklave freikaufen. Erst wenn die Zinsrückzahlung getätigt ist, ist der Kreditnehmer wieder frei. Früher nannte man das noch Schuldsklaverei. Diese Freiheit, “sich etwas leisten zu können”, ist eine Illusion.

Das Zinssystem saugt das Geld der Bevölkerung ab und gibt es der reichen Minderheit. 90 Prozent der deutschen Bevölkerung sind hierbei die “Verlierer”. Ein indisches Sprichwort besagt: “Wenn jemand ein Problem erkannt hat und nicht zur Lösung des Problems beiträgt, ist selber das Problem.”

Mohamed (s.a.s.) hob die Verträge der Jahilia-Zeit (Zeit der Unwissenheit) auf und ersetzte diese mit neuen, gerechten Verträgen. Diese Verträge unterteilen sich grundlegend in folgende Kategorien:

  • Mudarabah – der Partnerschaftsvertrag: Bei diesem wird Geld gestellt, was genutzt werden soll, um Gewinne zu erwirtschaften, welche dann an den Geldgebenden und Geldnehmer aufgeteilt werden.
  • Muscharakah – der Beteiligungsvertrag: Man teilt die Kosten eines Produkts unter mehrere Personen auf und bekommt Gewinnanteile ausgezahlt. Hierfür sind Investmentfonds besonders geeignet.
  • Murabaha – der Abzahlungsverkauf: Der Geldgebende kauft das Produkt für den Geldnehmer ein und lässt ihn dieses im Laufe der Zeit mit einer leichten Kostenerhöhung abzahlen. Diese Methode eignet sich besonders für größere Einkäufe wie Immobilien, Fahrzeuge oder Maschinen.
  • Ijara – der Mietvertrag: Der Geldgebende kauft ein Produkt und vermietet es.
  • Qard Hassan – der zinslose Kredit: Der Geldgebende stellt dem Geldnehmer ein Darlehen zur Verfügung, verlangt dafür aber keine Zinsen. Besonders in partnerschaftlichen Fällen oder für einen guten Zweck, wird diese Methode angewandt.

Bei Nichteinhaltung der Verträge seitens des Geldnehmers, kann beispielsweise eine Kostenstreckung angewandt oder eine Gebühr entrichtet werden, die aber als Spende an die Volksgemeinschaft funktionieren sollte. Mit diesem System, harmonieren Kapital, Arbeitsmarkt und Unternehmertum in einem gesunden Geldkreislauf.

Dieses System weist Kopien im Europa des 10. Jahrhunderts nach. Ab dem 12. Jahrhundert folgte jedoch eine Trägheitsphase, was anhand des Verlusts von Andalusien in der islamischen Liga teilweise erkennbar wird. Somit waren die Pforten für das zinsbasierte Bankensystem wieder geöffnet, welches in Europa seinen Neuanfang fand.

1215 wurde das sogenannte “kanonische Zinsverbot” von Papst Innozenz III. ausgesprochen. Auch Martin Luther sagte: “das größte Unglück der deutschen Nation, ein Anzeichen, dass die Welt mit schweren Sünden dem Teufel verkauft ist” und ebnete dem evangelischen Christentum den Weg zum Zinsverbot. 1545 wurde dieses Gesetz in England negiert und 1822 von der katholischen Kirche – ohne Nennung von Gründen – aufgehoben.  Im selben Jahr wurde die Sparkasse in Deutschland gegründet und die Ausbreitung erfolgte weltweit. Die Englische Barclays Bank brachte im Rahmen der Kolonialisierung auch das zinsbasierte Banksystem nach Kairo und somit auch in islamische Länder.

Nun aber hat jeder die Wahl: Möchte man die schlechte Ausrede, “dass es doch keinen anderen Weg gäbe”, nutzen und weiterhin eine der sieben größten Sünden begehen oder islamkonform handeln?

Erste Versuche im Islamic Banking fanden in den 60er Jahren in Ägypten und Malaysia statt, was – man mag es kaum glauben – von der Kölner Sparkasse sogar unterstützt wurde. Die Grundpfeiler wurden in den 70er Jahren gestellt, welches mit einem Beschluss der Islamkonferenz, eine Entwicklunsbank zu gründen, geschah. Ebenso sind aber auch Anstiege der Öl-Preise und Beschwerden einiger Gelehrte wichtige Gründe.

1975 wurde die Islamic Development Bank gegründet, welche sich zum Ziel setzte, Gelder von reichen islamischen Ländern an ärmere Länder zu spenden. Nunmehr sind aber auch in nicht-islamischen Ländern hohe Wachstumsraten zu erkennen, wie beispielsweise in Malaysia und England. Die FMF – Finanzberatung für Muslime und Freunde beispielsweise setzt sich für die Wegebnung islamischen Wirtschaftens in Deutschland ein. Im Jahr 2010 gewann die FMF den hessischen Gründerwettbewerb-Preis und wurde auch von der Frankfurter Rundschau, Bild, Cash und NTV mehrmals gekürt.

Das Ziel: Man richtet sich gegen Zinsen, Glücksspielaktivitäten, Spekulationen und “schmutziges Geld” (Zigaretten, Alkohol, Pornographie, Waffen). Bei der Deutschen Bank gibt es bisher sogar 6 Produkte mit entsprechender Fatwa zu erlangen, wenn auch noch nicht für den deutschen Markt.

So bieten manche islamische Finanzunternehmen in Deutschland im Bereich Altersvorsorge, Kinder, Immobilien und Vermögensaufbau Lösungen an. Um auch deutsche Banken zu  islamkonformen Produktangeboten zu bewegen, werden sogenannte “Deals” gemacht. Da bündelt man den Bedarf u.a. nach einer Baufinanzierung von einer größeren Menge von Personen und legt dieses den Banken vor, um darauf hinzuweisen, dass durchaus ein großer Bedarf auch in Deutschland besteht.

Mit dieser Methode konnten islamische Finanzunternehmen in Deutschland Produkte durchsetzen, wie u.a. islamkonforme private Altersvorsorge, Kindersparpläne, Goldsparpläne, strategische Metallsparpläne, Fondssparpläne und Geldanlagestrategien. Diese Produkte werden von mehreren “Ulama” (Gelehrten) per Fatwa überwacht. So sind bisher Standorte in Aachen, Dortmund, Stuttgart, Hannover, Düsseldorf und Frankfurt am Main entstanden, wobei noch weitere in Städten wie Hamburg, Berlin und München folgen sollten.

Am Beispiel des Propheten Josef sehen wir, dass man in guten Jahren für schlechtere Jahre zurücklegen soll.

Rein also ins Halal-Leben! Der Weg ist frei.


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