Huhu meine Lieben,
bevor wir loslegen möchte ich noch schnell die Gewinnerin des Thai-Kochbuches bekanntgeben. Trommelwirbel:
Petra, herzlichen Glückwunsch, du hast gewonnen. Du hast bereits Email von mir.
Wir haben Bergfest und 20 Tatsachen über- Mittwoch. Heute ist meine Lieblingsbloggerfamilie zu Gast. Hier stellte ich Sie euch schon vor und heute konnte ich Sie erneut für mich gewinnen.
Ich bin ja sehr sehr neugierig und deshalb wollte ich natürlich von Saskia und ihrer Familie wissen, wie es sich so in einer Großfamilie lebt. Ja und wow es ist der Wahnsinn was euch gleich erwartet.
Habt viel Spass.
20 Tatsachen über eine Großfamilie
Zuerst möchte ich der lieben Dani (die mit ihrer Namenskollegin aus Game of Thrones ja beinahe die Haarfarbe teilt – wohl aber nicht das Besitzen von Drachen und einer Kastratenarmee) dafür danken, dass sie mich fragte, ob ich an dieser tollen Reihe „20 Tatsachen über “ teilnehmen möchte.
Ich habe die anderen Beiträge gerne gelesen und empfehle sie in jedem Fall!
Während der folgenden 20 Punkte könnt Ihr mich ein bisschen auf der Reise in unsere Großfamilie begleiten.
Wobei ich immer finde, ab sechs Kindern ist man echt eine Großfamilie. Per Definitionem ist man es aber ab drei. Hier sind sie also: Meine 20 Tatsachen
1. Es ist großartig: Man ist niemals allein. Ganz gleich, ob Du albern bist und mit jemanden lachen möchtest oder ob Du ein trauriges Erlebnis gemeinsam verarbeiten willst – da ist immer jemand. Kleine und große Vertraute, die unabhängig von Alter oder Interessen da sind. Du bist umgeben von einem Nest, das Dich trägt und wärmt.
2. Es ist furchtbar: Man ist niemals allein. Einerlei, ob Du ein bisschen Ruhe brauchst oder nur in simpler Stille das Bad besuchen willst – da ist immer jemand. Viele Münder plappern auf Deine Ohren ein und können Dich an die Nervengrenzen befördern. Viele Füße verfolgen Dich vom Erdgeschoss bis unters Dach, vom Bad bis in die Waschküche. Drehst Du Dich spontan um, dann rennst Du gegen ein Kind. Jederzeit.
3. Du brauchst sehr viel Aufmerksamkeit. Um die verschiedenen Lebensphasen Deiner Kinder alle im Blick zu haben. Zu begreifen, was jedes Kind individuell gerade am meisten braucht und zu erkennen, welchen Weg es gehen möchte – damit Du es so gut wie möglich begleiten kannst. Festzustellen, dass Du manchmal das Gefühl hast, noch viel mehr für jedes einzelne Kind tun zu wollen, aber es vielleicht nicht ganz zu schaffen – das gehört zu den Herausforderungen, die man innerlich meistern muss.
4. Wir haben viele Wurzeln. Die enge Bindung zwischen uns allen stärkt jeden von uns. Wir haben zusammen viel erlebt und viel gesprochen. Zusammen haben wir gelacht, ertragen, verstanden, gelernt, gekuschelt, gestritten, uns vertragen und uns gegenseitig bereichert.
Wir Eltern haben Wurzeln, unsere Liebe ist ein Stamm, unsere Erfahrungen und Entscheidungen sind die Äste und die kleinen Blüten sind unsere Kinder. Es ist ein unbeschreibliches Gefühl zu sehen, wie die Blüten zu Früchten werden, um eines Tages selbst Bäume mit Wurzeln zu sein. Und Blüten erblühen lassen zu können.
5. Der Einkauf füllt den Wagen komplett. Überrandvoll. Man hat eine lange Liste – diese stammt von einem zuvor durchgearbeiteten Wochen-Essensplan. Wir, Mr. Essential und ich, teilen uns auf und pflügen zu Zweit durch den Discounter unserer Wahl. Inzwischen haben wir eine Lieblingskassiererin, die uns immer sehr gütig (und irgendwie auch etwas mitleidig) anlächelt, wenn wir das gesamte Band mit tetris-artig verschachtelten Artikeln gefüllt haben.
6. Ein Kind macht viel Arbeit. Viele Kinder machen – ratet mal – viel Arbeit. Allerdings kann man diese sehr gut meistern. Die Chaosentfernung läuft gut, weil ein bedauernswertes Geschöpf allen hinterher räumt und sie laufend abkommandiert, um sie dabei zu unterstützten. Sie schmieren mit Zahnpasta, sie lassen ihre Socken liegen, sie klauen Mamas Haarbürste und legen sie voller Haare zurück. Oder sie legen sie nicht zurück.
Die Wäsche ist vorsortiert in vier Behältern und weil die Kinder ab und an auch waschen müssen (wenn sie saubere Klamotten in die Wäsche stopfen, weil sie zu faul sind, diese in den Schrank zu räumen), sind die Regale mit den Waschmittelbehältern beschriftet.
Ich bin absolut diszipliniert mit der Wäsche. Die Maxime ist: Der Bügelwäschekorb darf höchstens randhoch gefüllt sein. Meistens bügle ich alles direkt vom Wäscheständer weg. Sondern besteige ich Lovecrafts Berge des Wahnsinns. Echt jetzt. Ein Berg Arbeit vor der Brust stresst mich enorm.
Klamotten werden seltenst mittels geselliger Shoppingtour gekauft. Viel mehr sind es Online-Bestellungen oder Gelegenheitskäufe.
Shopping als Event mache ich alle paar Jahre mal mit Mr. Essential. Das letzte Mal als Nummer 4 vier Monate alt war. Da meckerte und jammerte er auf seines Vaters Arm, während ich hastig und schwitzend Klamotten anprobierte. Am Ende habe ich wirklich schöne Sachen gefunden. Das ging aber nur, weil wir eine sehr versierte Verkäuferin zur Seite hatten. Diese Frau schließe ich stets in meine Gebete ein. Ehrlich jetzt. Oh und dann waren die Großen mal auf einem Kindergeburtstag der Verwandtschaft, während die Kleinen beim Opa waren. Da flanierten er und ich alleine (!) durch eine Mall und staffierten uns aus. War schön. Wir reden täglich davon.
Alles zugleich: Ja, man soll kein Multitasking machen, wegen des Stresses und so. Aber zeitgleich Stillen und Lateinvokabeln abhören – das ist hier Alltag. Oder zeitgleich Pause machen (ein Hörbuch hören) und arbeiten (Bügelberge besiegen)
7. Unsere Kinder sagen: „Wir haben mehr Spaß“. Sie können es sich natürlich nicht vorstellen, nur ein Geschwisterkind zu haben oder keines. Wenn ich erzähle, dass mein sechs Jahre älterer Bruder fast nie mit mir gespielt hat und wir wenig geschwisterlichen Kontakt hatten, dann bekommen sie große Augen: „Das ist ja schrecklich!“ sagen sie dann.
Manchmal aber – das wette ich – wünschen sie sich doch, mal Einzelkind zu sein. Wenigstens für ein Wochenende. Ihre Meinung dazu: „Aber keinesfalls während eines Urlaubs. Und nicht Freitagabends. Und nicht an Samstagen. Und nicht zu lange.“
Spätestens in der eigenen Wohnung irgendwann werden sie tief durchatmen, wette ich. Und ganz alleine eine Riesendose Eis vertilgen. Alleine in der Badewanne liegen und ungestört faulenzen. (Ja, ich wahre hier ihre Freiräume und sie liegen oft alleine lesend und faul herum. Aber das nehmen sie sicherlich anders wahr.)
8. Man spürt, wie die Zeit vergeht. Und das sehr deutlich. Bevor wir Kinder hatten kamen wir uns geradezu vor, als lebten wir unsterblich in einer Blase der Zeitlosigkeit. Das ist nun nicht mehr so. Bereits das erste Kind lehrt einen die Vergänglichkeit, indem es wie eine Rübe wächst und dauernd neues lernt.
Man kann ja während des ersten Jahres die gesamte Evolution nacherleben: Auf allen Vieren, alles erkunden, wackeliges Aufrichten, Nahrung beschaffen (Kekskrümel auf dem Boden), Stehen, sich umsehen, Laufen, Sprechen. Und dann hat man irgendwann dieses Erlebnis, das einen innerlich gleich zum Senior macht: Man steht am Zaun der Grundschule, die kleinen werden eingeschult, man sieht einander an und einer tut es. Er sagt: „Ach, wie die Zeit vergeht.“ Zack! Da ist man alt. Nein, man fühlt sich nur so. Ein kleines Bisschen. Ziemlich. Schon sehr. Total! Und das erlebt man dann nochmal. Und nochmal. Und nochmal.
Und beim letzten Mal einer Einschulung bei uns wird unsere Älteste Siebzehn sein. Ich will noch gar nicht wissen, wie wir uns da erst fühlen werden. Vermutlich haben wir innerlich bereits einen Rollator dabei.
9. Unsere Liebe lebt. Wir hören natürlich immer wieder, dass Partnerschaften durch den Alltag eine starke Sedierung erhalten. Oder irgendwann ganz im Koma landen. Das war uns stets Warnung genug und wir sind zu stur, dies auch zu erleben. Vielleicht ist es so, dass unser Leben durch die diversen Kinder einfach pausenlos eine extra Injektion Vitalität erhält.
Wir sind abends natürlich richtig müde, manchmal echt erschöpft. Aber wir haben unserer Partnerschaft einen eigenen Raum eingerichtet. Sie ist das, was uns erhalten bleiben wird. Auch wenn das Haus irgendwann leer ist. Daher pflegen wir sie ebenso wie wir uns um die Kinder kümmern. Beides geschieht aus und mit einer Menge Liebe. Würden wir uns nicht oft intensiv miteinander unterhalten, feste Zeiten allein verbringen, unsere persönlichsten Probleme erzählen oder würden wir unsere Räume für die Kinder aus einer missverstandenen Hingabe für die Familie komplett aufgeben – dann würde uns persönlich etwas fehlen, um ein fester Stamm in unserem Baum sein zu können.
10. Viele Menschen – viele Impulse: Die Kinder sind wie wir – sie sind neugierig, lebensfroh, wissbegierig, nachdenklich, analytisch und mitteilsam. Sie sehen die Welt mit ihren Augen und teilen uns ihre Beobachtungen mit. Das sorgt für eine Menge Impulse, die ich sehr schätze. Auch untereinander lernen sie, durch die Augen der Anderen zu blicken. Sie bereichern sich gegenseitig. Manchmal brechen Diskussionen zu einem Thema aus und auch das finde ich sehr interessant.
11. Zusammenhalt. Eine*r für alle – alle für eine*n. Wir sind wie die Musketiere. (Ich mochte ja immer D’Artagnan. Ich wollte mich auch gern mal als Musketier verkleiden, aber Mr. Essential behauptet, ich sähe als Mann völlig unglaubwürdig aus. Das trifft mich. Familie bedeutet ja so viel hoch geschätzte Ehrlichkeit … *zähneknirsch* …)
Wenn jemand einen von uns unangenehm trifft, dann kommt das gesamte Rudel in Wallung. So ist das. Ich musste oft genug aufpassen, dass niemanden die geballte Faust geschwisterlicher Rache trifft. Sie wachen übereinander und unterstützen sich gegenseitig. Manchmal fallen sie sich auch in den Rücken, klar. Aber sie wissen in jedem Fall, dass sie sich in der Not aufeinander verlassen können.
Besonders rührend fällt mir dies bei unserer Nummer 1 auf, die sehr schüchtern ist. Aber wehe, jemand ist böse zu ihren Geschwistern, dann greift sie wie Jeanne D’Arc zum verbalen Schwert und reitet los. Dann sind alle Geschwister-Ärgerer englische Besatzer und der Hundertjährige Krieg lebt auf.
12. Empathie. Wenn der Jüngste sich den Kopf stößt, dann fliegen gleich sechs tröstende Arme auf ihn zu. Er tut den Schwestern leid, weil sie ihn so lieben. Fällt Nummer 1 etwas auf den Fuß und sie sagt „Aua!“, dann stapft Nummer 4 auf sie zu und möchte sofort pusten und helfen. Sie haben alle sehr früh durch ihre Zuneigung füreinander gelernt, wie man mit jemand anderem mitfühlt.
Überdies bringe ich ihnen bei, dass jeder Mensch anders ist und dennoch im Grunde gleich fühlt. So empfinden sie auch mit familienfremden Menschen mit. Zudem wissen sie, dass jeder Mensch Gründe für sein Verhalten hat, die sich im Grunde selten persönlich gegen einen selbst richten. Sie schaffen es dadurch in der Tat, manchmal Mitgefühl mit jemandem zu haben, der ihnen unangenehm ist. „Eingebildete fühlen sich in Wirklichkeit minderwertig. Sie nerven, aber sie tun mir irgendwie auch leid“ ist eine der diversen Feststellungen unserer Kinder, die ich ziemlich gut und treffend fand.
13. Alles schon mal erlebt. Hausgeburt, Geburtshaus, Klinikgeburt, Fehlgeburt, Schwangerschaftsschwimmen, Schwangerschaftsgymnastik, Schwangerschaftsyoga, Rückbildung mit Kind (grausam), interventionsarme Schwangerschaft, medizinisch stärker betreute Schwangerschaft, Zahnen, High-Need-Babies, selbstzufriedene Babies, Stillprobleme, Fieber, ins Ohr eingewachsene Ohrstecker, Dellwarzen, Borreliose, Impfdiskussionen, Kindergeburtstage (32 bisher), Tragetücher jeder Marke, Tragehilfen jeder Marke (okay: unmöglich, es gibt Millionen), Schlafmützen, Wenig-Schläfer, positive Verstärkung, laut werden, leise sein, drohen, loben, bitten, erklären, diskutieren … war alles schon da.
Wir haben eine Menge erlebt und manches war zugleich noch nie ein Thema.
Wir haben innerhalb unserer Familie keine Erfahrungen mit: Kindern mit chronischen Erkrankungen oder Kindern mit Behinderungen, wir erlebten keine Totgeburten, haben unsere Kinder nie geschlagen. Keines der Kinder musste tief traumatisierende Erfahrungen machen. Die stärksten negativen Gefühle der Kinder sind bisher Trauer und Angst gewesen. Beides in begleitetem Rahmen. Daher denken wir oft an alle Familien, die durch schwierige Zeiten gehen, besondere Herausforderungen erleben oder sich Schockierendem gegenüber sehen. Wir sind zudem dankbar für das, was wir haben.
Dankbarkeit zu empfinden, auch wenn das eigene Leben wirklich nicht immer einfach war und manchmal noch ist, das ist mir sehr wichtig. Dankbarkeit erdet und beschenkt. Ich glaube, man sollte immer wissen, wie beschenkt man ist – auch während man sich manchmal bestohlen und betrogen fühlt. So zumindest handhabe ich das und vermittle es auch unseren Kindern.
14. Kleine Kinder, kleine Sorgen – große Kinder, große Sorgen. Da ist was dran. In den ersten Wochen mit dem ersten Kind denkt man: „Hoffentlich ist es gesund, hoffentlich wird es satt, hoffentlich schläft es durch ehe es drei Jahre alt ist.“ Später denkt man: „Hoffentlich fährt es nie mit betrunkenen Freunden im Auto mit, hoffentlich wird es in der Disco nie belästigt, hoffentlich fährt es immer vorsichtig.“
Und dazwischen? „Hoffentlich findet es nach dem Umzug Freunde, hoffentlich bessert sich die Mathe-Note, hoffentlich schafft es das Kind, sich gegen mobbende Klassenkameraden zu behaupten, auch wenn die Schule es nicht unterstützt.“
Je näher die Welt dem Kind kommt, desto größer werden die Sorgen. Oder desto schwerer wiegen die eigenen Gedanken. Manchmal hilft es, dass man größere Kinder hat, die einem zeigen: Die wenigsten Befürchtungen treffen ein. Man wird durch die vielen Erfahrungen überwiegend ruhiger. Manchmal jedoch schüren sie neue Befürchtungen.
15. Viele Erlebnisse verbinden. Jeder kennt das: Freunden, mit denen man viele Erinnerungen teilt, fühlt man sich besonders verbunden. So ähnlich ist das bei Familien auch. Wenn mehrere Menschen gemeinsam Erfahrungen machen, dann verbindet sie das.
Das können die unterschiedlichsten Dinge sein: Zusammen albern einen Grashügel hinunter zu rollen, ein Familienmitglied voller Aufregung zu einem Wettbewerb zu begleiten und sich gemeinsam über dessen Erfolg zu freuen, der Spaziergang durch den Schnee zur Kirche am Weihnachtsabend, das Wuseln am Morgen vor einem großen Familienfest, der urkomische Abend im Urlaub an dem man ein witziges Spiel spielte und sich kringelte, der traurige Tag an dem man gemeinsam in ein offenes Grab blickte und weinte sowie bange Stunden, in denen man um die gesundheitliche Zukunft eines Familienmitglieds fürchtete oder der Abend, an dem man den Kindern anfing, ein wenig von seiner eigenen, furchtbaren Kindheit zu erzählen.
Man ist verbunden in Freud und Leid – so altmodisch das auch klingen mag. Je mehr Erinnerungen und Zeit man teilt, desto enger wird man zusammengeschweißt. Unsere Bindung entstand durch Erfahrungen, Ehrlichkeit, Nähe und respektvollem Wahren gegenseitiger Grenzen.
Wenn ich als Mutter spüre, dass meine Tochter gerade auf dem Schulhof Angst hat, obwohl ich gerade weit entfernt in der Küche Möhren schäle und dieses Gefühl sich als richtig herausstellte, dann sehe ich einmal mehr, wie nahe wir uns sind. Wenn meine Tochter mich ansieht und mir eine kurze Psychoanalyse meines aktuellen Lebensphase gibt und damit zutreffend liegt wie ein Profi – dann weiß ich es ebenfalls.
Wenn die Schwestern weinen, weil eine von ihnen etwas betrauert, dann auch. Zugleich lasse ich sie mit jedem Lebensjahr mehr los, damit zu ihren Wurzeln auch Flügel wachsen können – ein weiterer altmodischer Spruch. In diesem Fall von Goethe, wenn ich mich recht entsinne.
Natürlich braucht man für Flügel eigentlich noch mehr: Selbstwertgefühl, Fantasie und eben Wurzeln.
16. Aufschreiben ist wichtig. Ich schreibe alles auf, das ich mit den Kindern an Besonderem erlebe. Es gibt ein Buch mit Zitaten und Beobachtungen.
Gestern zum Beispiel erzählte Nummer 2 (11 Jahre) unserer Kleinen Nummer 4 (1,5 Jahre) Folgendes: „Weißt du, als du ein kleines Baby warst, da haben Mama und Papa dir nachts ein Fläschchen gemacht. Weil du nachts auch Hunger hattest damals. Tagsüber gab es Milch von Mama und nachts aus einer Flaschi.“ Daraufhin wollte Nummer 4 ins Schlafzimmer, nahm Nummer 2 an die Hand und zeigte auf die Kommode „Da! Nam!“. Völlig baff erzählte mir Nummer 2 danach: „Er weiß noch, wo man die Flaschen nachts gemacht hat! Er hat auf die Kommode gezeigt, auf der das Flaschenzubehör stand und wo die Flaschen gemacht wurden! Er hat gezeigt und „Nam“ gesagt.“ (Nam heißt bei ihm Essen).
Jeder von uns kennt sie, die besonderen Momente. Dieser wird auch in meinem Büchlein landen.
Solche Erlebnisse notiere ich im Kalender und schreibe sie Monat für Monat ab in das Büchlein. Später staunen und lachen wir dann, wenn ich es vorlese. In unregelmäßigen Abständen hole ich das Buch hervor und die Kinder hören von unsere Erlebnissen. Sie hören dann ihre ersten Worte, ihre ersten Mitteilungen und unsere gemeinsamen Erfahrungen. Ebenso notiere ich eben einfach auch Worte, Körpergrößen und Gewicht und andere Dinge im Kalender. Dieser hat sechs Spalten, eben für jeden eine und so findet neben den üblichen Terminen alles Andere auch einen Platz.
17. Viel von allem. Wenig von vielem. Viele Schuhe, viele Jacken, viele Mützen, viele Termine, viele Problemchen, viele Gedanken, viele Telefonnummern. Wir sind viele und haben viel. Ganz lakonisch sagt Mr. Essential gerne: „Alles was du hast, hat irgendwie auch dich.“ Das ist nicht ganz falsch. Um nicht zu sagen: Es ist völlig zutreffend.
Wir brauchen beim Saisonwechsel nicht zwei Paar Schuhe sondern acht. Die müssen alle bestellt, anprobiert und leider auch bezahlt werden. Da die Großen in der selben Klasse sind, zahlen wir gleich zwei mal die 300 Euro für die Klassenfahrt und zugleich nochmal drei Mal Geburtstagsgeschenke/Abschiedsgeschenke für Lehrer*innen. Und dazu noch drei Mal Büchergeld. Wir leben gut und beschweren uns selten, aber manchmal tun wir etwas Dummes und rechnen aus, wie viel Geld wir monatlich in D-Mark gehabt hätten. Dann weinen wir. Man kann nämlich durchaus einen Hauch subjektiven Kaufkraftverlust empfinden.
Während gleichaltrige Kollegen und Freunde ohne Kinder wunderbare Urlaube machen, sich schöne Klamotten oder wohltuende Massagen gönnen, kaufen wir Kinderschuhe. Acht Paar pro Saison.
Natürlich sind wir ganz brav verantwortungsbewusst sowie auch sehr vernünftig und sagen uns knallhart: „Dat hamwer uns so ausgesucht!“ aber manchmal ist es schon schwierig, dass Kinderkriegen nichts Normales mehr ist, das einfach zum Leben gehört, sondern eine bewusst getroffene Entscheidung. Denn das nimmt einem die Möglichkeit, einfach manchmal laut zu stöhnen, wenn man überanstrengt ist. Denn: „Man hat es sich ja so ausgesucht!“ (Ja, das haben über Rückenschmerzen klagende Krankenschwestern, sich über Stress beschwerende Marketingagenturmitarbeiter und den Sonnenbrand anklagende Kinderlose im Karibikurlaub auch. Aber Ihr wisst ja, wie das ist …)
18. Moderne Klassiker wegen Überfüllung gestrichen. Wir haben uns recht schnell von den modernen, romantischen, bindungsstärkenden Ideen verabschiedet. Auch weil wir merkten, dass man Bindung und Selbstbewusstsein auch auf anderen Wegen erreichen kann. Und im Falle vieler Kinder einfach oft auch muss.
Hätte sich Nummer 1 alleine abgestillt (es gab einfach für sie nach sechs Monaten nur noch eine unrettbar versiegende Futterquelle, daher ist das hier hypothetisch), dann hätte ich zwei Stillkinder zugleich gehabt. Das wäre mir zu viel gewesen.
Diese Form der Natürlichkeit hatten wir also nicht.
Dafür haben wir stets eine Andere: Mehrere Kinder. Die sind unbestreitbar sehr natürlich, ne?
Auch im Familienbett wäre es früher bei 1,40 Meter Breite und auch heute bei 1,80 sehr eng mit sechs Leuten. Außerdem schlafe ich miserabel in Gesellschaft. Ein Mann reicht schon, um mich mit seinen Bewegungen öfter mal zu wecken. Acht Kinderknie würden ein Wrack aus mir machen.
Großes Gewese kann man um nichts machen. Weder ums Sauberwerden, noch ums Essen, Trinken und all die anderen Basisbedürfnisse. Da müssen alle durch und manchmal eben etwas fließbandmäßig. Mit der Zeit rettete ich mich auf folgenden Gedanken: „Vermutlich ist das auch einfach ganz natürlich so. Die reine Aufmerksamkeit, die durch eine geringere Kinderzahl auch nur diesen Kindern zuteil würde, die ist eine ganz neue Erfindung und ich weiß noch nicht, welche Spätfolgen diese haben wird.“
Ja, das erscheint mir auch immer als eines der wackeligen, argumentativen Konstrukte, die man sich als Mutter manchmal gedanklich so baut, wenn man mal wieder ein schlechtes Gewissen hat. Bisher hält es aber ganz gut und daher kann es bleiben.
19. Schlechtes Gewissen. Mal vier. Wo wir es gerade schon hatten: Das schlechte Gewissen. Es ist wohl jeder Mutter bekannt und hockt auf seinem kahlen Präriebaum wie ein hungriger Geier. Es führt uns zu unzähligen Lose-Lose-Situationen und wir hassen es. Oder wir weichen ihm aus, indem wir versuchen, alle Anforderungen tüchtig zu erfüllen. Dann bekommen wir entweder irgendwann Stress, schlechte Laune oder Burnout. Manchmal auch in dieser Reihenfolge.
Das Geld reicht nicht, um zwei Mal im Jahr groß in Urlaub zu fahren und auch nicht für einen entspannenden Urlaub im Familhotel. Letzteres kostet für uns übrigens zwischen 1.362 und knapp 4.060 Euro für sieben sommerliche Nächte. Und dabei sind wir dann nicht irgendwo an exotischen Orten, sondern im Allgäu (Sorry, liebe Allgäuer).
Jede Kaufentscheidung wird abgewägt. Und dabei krebsen wir nicht einmal herum. Im Grunde ist alles vorhanden: Die Kinder haben stets saubere und fein gebügelte Klamotten, für die sie nicht gemobbt werden. Sie verfügen über modernen Elektronik-Schnickschnack, wir fahren in Urlaub (ein Mal, im Ferienhaus – was ich eigentlich eh mehr mag als Hotelurlaub) und jedes Kind hat ein eigenes Zimmer. Wir haben einen Garten mit Platz zum Spielen.
Und dennoch denke ich manchmal, dass sie doch zu kurz kommen. Eben weil wir uns für vier Kinder entschieden haben, wofür sie ja nichts können. Sie sagen schon, dass sie es so perfekt finden, aber vielleicht ist das auch nur das, von dem sie erwarten, dass ich es hören will? Kann ich das wissen? Oh Mann – schlechtes Gewissen. Und Ihr kennt das vielleicht: Alles, das man als Argument gegen das schlechte Gewissen einsetzt, kommt einem wie eine Ausrede oder Selbstlüge vor …
20. Dieser letzte Punkt gehört den Kindern. Was sagt Ihr dazu?
Was ist schön daran, viele Geschwister zu haben? Und was nicht?
Nummer 2: „Ich mag es viele Geschwister zu haben, weil man theoretisch immer jemanden hat, mit dem man spielen kann. Und ich mag nicht daran, dass sie ziemlich nerven können. Aber Fliegen sind nerviger.“
Nummer 3: „Ich mag es, weil die Geschwister mit mir spielen und ich mag daran nicht … hm … eigentlich gar nichts. Außer dass die Großen nun in der Pubertät sind und deshalb manchmal fies zu mir sind. Und dauernd an den Smartphones hängen wollen.“
Nummer 1: „Kann gerade nichts dazu sagen, weil sie immer noch im Bett liegt. Und vermutlich am Smartphone hängt.“
Nummer 4: Macht den Eindruck, die Aufmerksamkeit, Fürsorge und Liebe seiner Schwestern sehr zu genießen. Für die Fälle, in denen sie ihn zu viel knuddeln und knutschen, habe ich ihm beigebracht, den Zeigefinger zu heben und laut „Nein!“ zu sagen. Immer in Verbindung mit dem Namen der Übeltäterin. Das sieht sehr niedlich aus. Vor allem, weil er manchmal „Mein!“ sagt statt Nein. Und wenn sie dann noch nicht aufhören, dann klatscht er ihnen eine. Gut, dann lachen sie und finden ihn süß. Er arbeitet noch an seiner autoritären Ausstrahlung .
Liebe Saskia, wow das sind wirklich wunderschöne, lustige, poetische und auch ernste 20 Tatsachen über das Leben in einer Großfamilie. Vielen Dank, dass wir einen kleinen Einblick bekommen durften.
Könntet ihr euch vorstellen in einer Großfamilie zu leben? Ich glaube die Vorteile überwiegen hier in jedem Fall aber ganz genau weiss ich es natürlich nicht. Aber bei Saskia und ihrer Familie könnt ihr ja immer ein bisschen schauen gehen.
In Zwei Wochen gehts wieder bei Jessi weiter.
Bis dahin wünsche ich euch eine schöne Restwoche.
Eure Glucke