Mit den neuen Regelungen für Zuverdienstmöglichkeiten zu Hartz IV ist der Bundesregierung kein großer Wurf gelungen. Sie sind so ausgestaltet, dass sie weiter den Niedriglohnsektor fördern und kaum mehr Anreize zur Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Vollzeitbeschäftigung schaffen werden.
Das Kombi-Lohn-Modell ist schon an sich sehr problematisch. Es bedeutet eine staatliche Subvention von Niedriglöhnen. Neue Arbeitsplätze werden kaum geschaffen, vielmehr werden reguläre, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze durch staatlich unterstützte Beschäftigung durch Niedriglöhner ersetzt. Das Lohnniveau wird allgemein gesengt. Außerdem führt das Modell kaum zu einer Integration der Teilnehmenden in den normalen Arbeitsmarkt. Zuverdienstmöglichkeiten zusätzlich zum Arbeitslosengeld II sind im Grunde sinnvoll, bei der derzeitigen Ausgestaltung und den äußerst niedrigen Anrechnungsmöglichkeiten jedoch eher schädlich.
Daran nun wird aber durch die Neuregelung der schwarz-gelben Bundesregierung kaum etwas verbessert. Bis zu 100 Euro Hinzuverdienst wird man weiterhin komplett behalten dürfen, von Bruttoeinkommen von 100 bis 800 Euro nur 20 %. Einzig von Einkommen von 800 bis 1000 Euro bleiben künftig 20 statt 10% in der Tasche des Arbeitenden; von 1000 bis 1200 weiterhin nur 10%. Im Höchstfall ergibt sich also ein Mehrbetrag von 20 Euro (10% vom Bruttoverdienst von 800 bis 1000 Euro, also von 1000-800= 200 Euro). Diese Regelung betrifft mit 300.000 Personen nur etwa 20% der Arbeitslosen, die neben Hartz IV einer Beschäftigung nachgehen.
Ob diese 20 Euro sehr viel mehr Anreize, eine Vollzeitbeschäftigung anzunehmen, bringen werden, darf wohl bezweifelt werden. Dadurch, dass man von geringen Verdiensten weiterhin wenig behalten darf, werden die Mini-Jobs weiter gefördert. Freuen dürfen sich also auch in Zukunft solche Firmen, die schlecht bezahlte Stellen anbieten und sich auf den Staat zur Kofinanzierung verlassen – man könnte sagen, diesen geradezu ausplündern, um weniger Löhne bezahlen zu müssen.
Die FDP, hatte sogar geplant, alle Hartz-IV-Bezieher mit einem Zusatzverdienst von bis zu 400 Euro im Monat (die mit 740.000 mehr als die Hälfte der erwerbstätigen Hartz-IV-Bezieher ausmachen) künftig noch schlechter zu stellen – was zum Glück verhindert wurde. Aus den Erfahrungen der vergangenen Jahre hat man nichts gelernt, auf eine Abkehr von der – mit der Agenda 2010 begonnenen – Linie kann man kaum hoffen. Dazu zählt auch die Leiharbeit. Auch bei diesem Thema übertreibt es die FDP augenscheinlich und meint es etwas zu gut mit der eigenen Klientel: Sie verweigert sich einem Mindestlohn für die Zeitarbeit, obwohl nicht nur die Union, sogar selbst die Arbeitgeber für diesen eintreten. Die neoliberalen Parteiideologen wollen offensichtlich die prekären Sektoren des Arbeitsmarktes unbedingt erhalten. Bleibt zu hoffen, dass sie sich auch hier nicht werden durchsetzen können.
Die Ausgaben für die aktive Arbeitsmarktpolitik wurden derweil von der Bundesregierung sogar gekürzt. Sie verlässt sich also weiterhin ausschließlich auf einen wachsenden Niedriglohnsektor, der angeblich die Arbeitslosigkeit reduzieren soll. Das Ziel, mehr reguläre, sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze zu schaffen, kann so nicht erreicht werden – aber offensichtlich will man dies ja auch gar nicht erreichen.