2 ZKDB – Umzüge und ihre Widrigkeiten

Von Pearl69 @eftloesung

Zwei Wochen nach meinem 18. Geburtstag bin ich von Zuhause ausgezogen und dann lange Zeit alle 1-2 Jahre von einem kleinen Zimmerchen ins nächste. Zwischen 30 und 40 wurden die Wohnungen größer und komfortabler und das Umzugstempo hat sich verlangsamt.


Umziehen an sich macht mir immer noch Spaß – auch wenn HSP-Pionierin Elaine Aron meint, dass viele hochsensible Menschen Veränderungen fürchten. Ausmisten und mich einzurichten finde ich herrlich! Aber erst nach dem letzten Umzug wurde mir so richtig klar, vor wie vielen Herausforderungen ich dabei stand: In einer Stadt mit einer katastrophalen Wohnungslage eine Wohnung in einem ganz bestimmten Stadtteil zu finden (die zudem noch einige besondere Anforderungen erfüllen sollte). Früher hatte ich das immer ein wenig aufs Geratewohl gemacht.

Wohnungen angucken finde ich immer noch spannend, aber ich bin doch nicht mehr so unbefangen wie früher. Manchmal wusste ich schon auf der Straße, dass ich dort nicht wohnen wollte, habe es aber nicht über mich gebracht, nicht zu klingeln und einfach weg zu gehen (Ich hatte mich ja schließlich angekündigt und wollte nicht, dass jemand umsonst auf mich wartet!). So viele Dinge galt es zu beachten, an die ich in der Aufregung dann doch nicht denken konnte. Ich legte mir schließlich eine kleine Liste an mit allen wichtigen Punkten, war dann aber meistens zu gestresst, sie tatsächlich auch hervor zu holen und abzuhaken. Alles ging unter in der Situation, gemeinsam mit anderen Menschen in einer fremden Wohnung (in der ich gelegentlich auch fragwürdige Energien wahrnahm) herum zu laufen und herausfinden zu müssen, ob ich mich an diesem Platz über einen längeren Zeitraum wohlfühlen konnte.

Als schlimmster Fallstrick erwies sich jedoch für mich die Unart (einige andere hochsensible Menschen kennen das vermutlich selbst), mich gedanklich an etwas aufzuhängen: die Rücknahme einer vorherigen Zusage durch eine Vermieterin just am Tag vor Silvester brachte mich ziemlich ins Wanken, ich verlor mein Vertrauen und wurde, nun ja, ziemlich angestrengt.

Eigentlich wohnte ich ja ganz schön. Von Klientinnen, die zu mir kamen, hörte ich oft „der Garten sei ja wie verzaubert.“ Das fand ich ja auch, aber: Die intensive Auseinandersetzung mit Hochsensibilität, also auch mit meiner eigenen, trägt viele verschiedene Früchte.

Eine davon ist zum Beispiel, dass mir Überforderung viel schneller bewusst wird. Und überfordert war ich in der alten Wohnung in vielerlei Hinsicht. Vor allen Dingen akustisch. Zwar lag das Haus in einem idyllischen Garten, das Grundstück selbst jedoch in unmittelbarer Nähe einer sehr befahrenen Straße. Die Autobahn mitsamt Zubringer auch nicht allzu weit weg. Nachdem ich mir einmal bewusst gemacht hatte, dass es immerzu rauschte und durch das hohe Verkehrsaufkommen ein ständiges „Kommen und Gehen“ herrschte, konnte ich es kaum noch aushalten.

Ich wohnte in dem Haus nicht allein. Mir wurde auch bewusst, dass es mich einfach stresst, mir dauernd meiner Mitbewohnerin bewusst zu sein, immer zu wissen, was sie gerade tut, wirklich ganz allein bei mir nur dann, wenn sie verreiste.

Es hat eine ganz Zeit gedauert, bis ich den Mut fassen konnte, umzuziehen und dann noch einmal eine ganze Weile, bis ich die Wohnung fand, die ich wollte. (Das ging das dann plötzlich ganz schnell und unkompliziert). Plötzlich sah ich mich in der Zwangslage, ganz schnell einen Wagen und Helfer auftreiben zu müssen – puh, das kostete vielleicht Nerven! Immerhin habe ich diesmal zumindest nicht den Versuch gemacht, alles selbst schleppen zu wollen.

Dennoch – einige Wochen später, als ich halbwegs eingerichtet war und mein „normales“ Leben wieder hätte aufnehmen können, musste ich leider trotzdem fest stellen, dass ich (mal wieder) völlig über meine eigenen Grenzen gegangen war und mein Körper jetzt lautstark sein Recht forderte. Erst als eine mitfühlende andere HSP mir sagte, dass ein Umzug ja auch eine echte Herausforderung für einen hochsensiblen Menschen ist, wurde mir erst bewusst, wie anstrengend das ganze für mich war. Zum Glück kann ich jetzt die spannenden Seiten des Umzugs genießen, z. B., mein Viertel auf Streifzügen zu entdecken, mich über die ruhige Lage freuen und den Wald fast vor der Haustür.

Wie wohnen Sie? Allein oder mit anderen? Was erleben Sie dabei?

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Herzlichst, Ihre
Monika Richrath