Interview mit Angelika Janz, Webmoritz:
Du hast zahlreiche Performances gemacht? Wie bist du zu diesen Ideen gekommen? Erzähl bitte etwas von deinen Aktionen.
Die erste Aktion „Schreiben wie gehen“ war damals in Essen 1978, an einem eiskalten Tag im Februar. Ich bin morgens einfach los gezogen, habe mir einen Beutel Kreide gekauft und habe die gesamte Fußgängerzone, zwei große Straßenpassagen über zwei Kreuzungen hinweg, mit eigenen Texten und Gedichten bis in die städtisch beleuchtete Nacht hinein voll geschrieben.
Die Menschen sind mir quasi in den Rücken gelaufen, viele sind stehen geblieben und haben die Texte gelesen. Manche trauten sich nicht, darüber zu laufen, aber sie mussten es doch, denn ich habe alles Begehbare vollgeschrieben, es gab kein Entrinnen, und so haben sie diese „Literatur“ mit ihren Schritten davon getragen. Die Polizei kam, weil die Aktion nicht angekündigt war, ließen mich aber weiterschreiben. Einige haben mir auch Geld hingeworfen, weil sie dachten, ich sei eine Straßenkünstlerin. Ein Journalist kam, von dem später in der Zeitung zu lesen war: „Schriftstellerin schreibt auf das Pflaster, weil sie keinen Verlag findet. Dabei hatten wir kein Wort miteinander geredet.
Eine ähnliche Aktion haben wir 2008 dann in Greifswald gemacht „Greif zur Kreide, Greifswald“, in Zusammenarbeit mit dem Literaturzentrum. Anlässlich des 75. Jahrestages der Bücherverbrennung haben wir, viele Studenten der Greifswalder Uni und ich, die Namen der „verbrannten“ Autoren auf die Straßen und Häuser geschrieben und haben dann auch an zentralen Orten der Stadt Texte von diesen Autoren vorgetragen. Hier und da gibt es noch nach so vielen Jahren immer noch Spuren der Aktion. Sie war mir sehr wichtig, weil ich damit viele Menschen „anstecken“ konnte. Viele Passanten haben selbst Kreide genommen, sich die Namensliste der verfemten Autoren geben lassen und einfach mitgeschrieben.