Und dann war es plötzlich vorbei, die Zeit hatte die Ufer des Abends mehrmals umrundet, bis sie plötzlich stehen geblieben war – einfach so und ohne Erklärung – und zum Aufbruch mahnte. Morel und Melusine mussten gehen. Konzentriert wie zwei Wettkämpfer sprangen sie auf, sie hatten etwas vernommen, was ich überhört haben musste, ein Signal, ein Startschuss, drückten sie sich doch von den Stühlen wie von Startblöcken ab und rannten – ohne sich weiter nach uns umzusehen – die Treppen hinab, begleitet vom aufgeregten Gemurmel der Nachbarschaft, die sich nicht entscheiden konnte, wem sie die Daumen drücken sollten, ihr oder ihm. Am Ende blieben die Daumen unberührt, weil keine der über achtzigjährigen Frauen schnell genug an die beiden herankam.
Raus, raus, raus hier!, hörte ich Melusine noch rufen, die sich, als müsse sie befürchten, Scharfschützen würden ihrer harren, über die Straße rollte, die Haken schlug wie ein Hase, während Morel schrie, rein!, die Luft ist rein! Dann blieb er plötzlich stehen (ich konnte es von unserem Balkon aus beobachten), lächelte und sagte: “Reine Landluft! Hm, riechst du das, Mel? Wir sollten öfter Autoren in der Provinz besuchen.”
Sie stiegen in ihren Sportwagen und fuhren davon, ein letztes Mal schrill auflachend, während laute Musik scheppernd auf die Straße fiel.
Fort, sie waren fort, unsere lieben Freunde, die sich nun wieder in ihre Villa am Frankfurter Stadtrand zurückziehen würden, um dort über neuen Ideen zu brüten, so wie dem Rap-Album, das bald erscheinen soll, und über das Morel nicht viel verraten wollte, weil man einfach abwarten solle, er würde den Gangster-Rap neu erfinden, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Und Melusine sprach von ihrem Romanprojekt “Männer sind zum Töten da”, das sie nicht als Werk einer Frau sehen wollte, denn mit einer solchen Aussage, würde man sie schon gleich wieder in eine Ecke treiben, in die sie nicht wolle, nein!, es sei der Roman einer denkenden Person, erklärte sie, und verlangte von uns, sie fortan nicht mehr als Frau, sondern als Denkmaschine wahrzunehmen, bis sie schließlich sagte, das gehe auch nicht, denn immerhin könne sie sich als Frau nicht zur Maschine degradieren lassen. Bei so etwas käme nur wieder der übliche Chauvinismus ins Spiel! Unsicher, wie sie anzureden sei, sprachen wir sie gar nicht mehr an; Morel war zwischenzeitlich auf dem Klo verschwunden, wo wir ihn an Raps arbeiten hören konnten. (Hey – Yo – Bin aufm Klo – Drei – Vier – Alles mir)
Ja, wir lieben sie, und nun sind sie fort. Wir werden sie vermissen, irgendwie zumindest.