Endsieg oder Untergang?
Im Mittelpunkt des Romans steht der fast 24-jährige Soldat Veit Kolbe. Er wird direkt nach dem Abitur zum Kriegsdienst eingezogen, in Russland mittelschwer verwundet und zur Erholung nach Hause nach Wien geschickt. Fünf Jahre sind seit seiner Abreise vergangen. Er lehnt aufgrund seiner Erfahrungen den Krieg strikt ab, was ihn in Konflikt mit seinen Eltern bringt. Die Jahre als Soldat betrachtet er als vergeudete Zeit. Um der angespannten Atmosphäre zu Hause zu entgehen, flüchtet er sich Anfang 1944 in den Wohnort seines Onkels, nach Mondsee. Er kommt bei einer zänkischen Vermieterin in einem Dachzimmer unter, direkt nebenan wohnt die junge Darmstädterin Margot mit ihrem Säugling, die sich hier in Sicherheit gebracht hat.Es herrscht an fast allem Mangel, aber Veit kann sich hier erholen. Er versucht erfolglos, mit der Lehrerin Margarete Bildstein, die eine Wiener Mädchengruppe in die Kinderlandverschickung ins Lager Schwarzindien begleitet, anzubandeln und verliebt sich schließlich in die mit einem Soldaten verheiratete Margot.
Je länger der Krieg dauert, desto ungeduldiger wird Veit. Für ihn ist klar, dass der Krieg bereits verloren und dessen Ende eine Frage der Zeit ist. Es laut auszusprechen, ist aber nicht zu empfehlen. Veit hofft, dass er nicht erneut an die Front muss und ist kreativ darin, seinen Aufenthalt in Mondsee auszudehnen. Doch seine Anwesenheit in dem kleinen Ort, der fern ist von allen Bomben und Gräueln, erfährt einen dramatischen Höhepunkt, bei dem der junge Mann zum Mörder wird.
Was es in dieser Zeit heißt, nicht den Mund zu halten, erlebt Veit bei seinem Nachbarn, der nur "der Brasilianer" genannt wird. Es ist zwar nur von "H." und "dem F." die Rede, aber der Bruder der grantigen Zimmerwirtin macht keinen Hehl daraus, dass er von den Nazis nichts hält; ganz im Gegensatz zu seiner Schwester und seinem Schwager. Seine offenen Worte haben schon bald Konsequenzen.
Immer wieder kommt auch der aus Wien stammende Jude Oskar Meyer zu Wort, der versucht, seine Familie zu retten und doch zu oft falsche Entscheidungen trifft. Ihn hat es genauso wie Veit Kolbe, Margot, Margarete Bildstein und einige andere Personen im Buch gegeben. In den Nachbemerkungen zeichnet Arno Geiger ihre Lebensläufe nach, soweit das nach so langer Zeit noch möglich war.
Lesen?
Den Anstoß für Unter der Drachenwand gab der Zufallsfund einer umfangreichen Korrespondenz von Kindern, Eltern und Behörden, in der es um die Kinderlandverschickung ins Lager Schwarzindien ging. Das historische Material wurde von Geiger zu einem authentischen Roman verwoben, der mit seiner klaren Sprache überzeugt. Lesen? Ja!Der Roman kostet gebunden 26 Euro, als E-Book 19,99 Euro und in der Taschenbuchausgabe 12,90 Euro.