Autorin: Sarah Kuttner
Genre: Roman
Verlag: S. FISCHER
ISBN 978-3-10-002494-7
Umfang: 272 Seiten
„Du kannst das machen. Das ist deine Entscheidung. Aber wenn du das machst, dann ist Mama sehr enttäuscht von dir.“ Häufig wollen Eltern ihren Kinder nur beibringen, selbst Verantwortung zu übernehmen. Doch nicht selten greifen sie hierfür zu emotionaler Erpressung. In kleiner Form hat das wohl jeder erlebt. Und manche ein bisschen mehr. Jule, die Protagonisten in 180 Grad Meer, kennt sich sehr gut mit emotionaler Erpressung aus. Eigentlich wurde sie sogar regelrecht missbraucht von ihren Eltern, die sich haben scheiden lassen und wofür Jule sich schuldig fühlt. Die depressive Mutter und der geflüchtete Vater bekommen selbst ihr Leben nicht in den Griff, nörgeln aber umso mehr auf Jule rum.
Weil sie irgendwie keinen richtigen Beruf hat und nur halbherzig abends in einer Bar singt. Weil sie irgendwie ihren Eltern nicht geben kann, was sie wollen. Und Kinder die ihren Eltern nicht reichen, neigen letztlich dazu, sich selbst für nichts zu reichen. Jule ist kaputt und weiß nicht, ob sie ihrem Freund Tim das länger antun kann. Und zufrieden ist sie mit sich selbt auch nicht. Also bricht sie aus, geht nach London zu ihrem Bruder und beschließt erst wieder zurückzukehren, wenn es besser ist. Doch was tut man um sich selbst zu heilen? Die Konfrontation mit ihrem Vater, der mittlerweile auch in England lebt, scheint unvermeindlich. Bis sie sich dazu überwunden hat, adoptiert sie aber erstmal den kleinen, hässlichen Hund der WG-Mitbewohnerin und verbringt viel Zeit am Meer – dort wo der Strandbesucher 180 Grad reinen Meerblick vor sich liegen hat.
Der dritte Roman von Sarah Kuttner ist auch gleichzeitig ihr bester – für Londonliebhaber, Hundebesitzer und Freunde von kaputten Menschen. Am Ende gibt es natürlich kein großes Happy End à la Hollywood. Aber das ist okay. Auch im Leben gibt es nur kleine Happy Ends.
Bewertung: 9 Rubine von 10
Mehr zur Autorin und Buch:
180 Grad Meer bei S. Fischer Verlage (mit Leseprobe)
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