Dass Bergel die Gedichte der zehn Autoren – darunter Lucian Blaga, Mihai Eminescu, George Bacovia, Ana Blandiana – nicht einfach aus einer Sprache in die andere übersetzte, sondern sie so übertrug, dass sie, ohne Verletzung des Originals, zu deutschen Gedichten wurden, denen man in keiner Zeile die Übersetzung anmerkt, bestimmt die ungewöhnliche Qualität seiner Arbeit. Das lässt sich u.a. an den beiden „Odysseus“-Gedichten Blagas und Gyrs besonders erkennen: Sie wurden im Deutschen zu poetischen Aussagen von großer Geste (Seite 62-62 und 56-75). Gleiches gilt auch für die modernen Gedichte jüngerer Autoren wie die Kronstädterin Dr. Mihaela Stroe, die Hermannstäder Luminiţa Mihai-Cioabă und Dan Dănilă, wobei der „Zigeunerinnenfluch“ („Blestem de ţigancă“) der Roma-Königstochter Luminiţa Mihai-Cioabă zu einem Feuerwerk artistischer Sprachkunst geriet (S. 22-23). Das „Hölderlin“-Gedicht der Ana Blandiana, die globalen Visionen des als Pilot, Mönch, Arzt und Universitätslehrer durch die ganze Welt gestromerten Catanoy, die subtilen Gedankengebilde der 1957 geborenen Romanistin Dr. Mihaela Stroe stehen dieser Glanzleistung um nichts nach. Dass sich Bergel auch an den schwer übersetzbaren Rechtsanwalt und Maler Bacovia heranwagte und sogar vor den dutzendfach ins Deutsche übersetzten legendären Eminescu-Gedichten „Mai am un singur dor“ sowie dem „Venedig“-Sonett nicht zurückschreckte und sie in „deutsche Gedichte umwandelte“, sei eigens festgehalten.(S. 88-89 und 87). / Siebenbürgische Zeitung
Verlorener Horizont. Fünfzig Gedichte aus dem Rumänischen. Auswahl, Übersetzung und Nachwort von Hans Bergel, Edition Noack & Block, Berlin, 100 Seiten, 14,80 Euro, ISBN 978-3-86813-012