16. Oktober 2010, Der verschwundene Kapitän, Logbuch

Doktor Remus tauchte am Morgen auf, abgehetzt, nach Wein und dem Schweiß billiger Huren stinkend, um uns mitzuteilen, die Abfahrt sei noch einmal verschoben worden, wäre doch der Kapitän über Nacht verschwunden. Wir musterten ihn missbilligend, verwiesen ihn auf den knarrenden Stuhl am Ende der Tafel, der, so verlangte es normalerweise unser Anstand, unbesetzt blieb. Noch immer außer Atem erzählte er die Geschichte des verschwundenen Kapitäns, die eigentlich mehr ein Geheimnis denn eine brauchbare Erzählung war. Man hätte vor wenigen Stunden nach dem Kapitän geschickt, der ein Zimmer in einem hafennahen Wirtshaus bewohnte, als sich der gesandte Bote aber nach ihm erkundigte, verzog man die Brauen und wollte nie etwas von einem solchen Gast gehört haben. Der Bote eilte zum Schiff, ließ sich dort unterrichten, Doktor Remus sei zum letzten Landgang, aber man erwarte ihn jede Sekunde zurück.
Dem sei auch so gewesen, keuchte der Doktor in unsere Runde von erstaunten Gesichtern, und nun sei er also hier, müssten wir doch auf der Stelle von dieser Ungeheuerlichkeit erfahren. Die Reederei sei schon informiert, man habe sogleich eine Art Agent entsandt, den Kapitän aufzuspüren. Sobald man seiner habhaft geworden sei, würde man uns selbstredend davon in Kenntnis setzen. Wir entließen den Doktor mit der Bitte, uns über die Geschehnisse auf dem Laufenden zu halten.
Dies alles ereignete sich vor Stunden. Noch immer ist der Kapitän verschwunden. Seraphine ist mit den Kindern zu einer Kutschfahrt aufgebrochen, während ich in eine Decke gehüllt an meiner Pfeife knabbere und über das Geheimnis des verschwundenen Kapitäns nachdenke.



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