16 AZAR – Tag der Studentenbewegung

Von Nicsbloghaus @_nbh

Der 7. Dezember 1953 (16. Azar 1332) ist der Beginn der souveränen Studentenbewegung im Iran. (Info über 16 AZAR)

Universitärer Widerstand in Zeiten der Diktatur

Wer definiert was eine Diktatur ist? Wie sieht effektiver Widerstand aus? Was geschieht mit jenen, die sich offen gegen unhaltbare Zustände zur Wehr setzen?

Der 16 Azar ist 1953 zu Schahzeiten akut gewesen und er ist es 2010 unter der islamischen Militärdiktatur (Revolutionäre Garden/Basij/Padaran) noch mehr.
Groß ist die Gefahr für die Protestierenden, Opfer von Schauprozessen, Inhaftierung und Folter zu werden.
Viele sind bereits geflohen, andere unter schweren Bedingungen in Haft. Die iranische Regierung verliert die junge intellektuelle Elite und markiert sich genau damit selbst als Diktatur, nicht als Vertreterin des Volkes.

Proteste finden statt in diversen Städten, wenn auch verhaltener als im letzten Jahr, als die Hoffnung zur Revolution mit jedem „Feiertag“ groß war.

Wir hier können ab und an auf 3 Sat oder WDR oder ARTE gemütlich im Fernsehen gucken, wie in den letzten anderthalb Jahre Menschen in Iran und außerhalb versucht haben, diese unhaltbare Situation der Unterdrückung zu beenden. Die Unterdrückung findet statt:

  • in Form von lächerlichen Kleidervorschriften,
  • wirtschaftlichen Katastrophen durch Unfähigkeit der Regierung,
  • dem Wahnsinn der Errichtung von Atomkraftwerke in erdbebengefährdeten Gebieten,vor allem jedoch im gnadenlosen Ausmerzen von jungen, engagierten Menschen die so nicht beherrscht werden wollen.

Interessiertere werden wissen, dass es Ende des 80er Jahre in Iran ein Massaker an mehr als 4000 linksorientierten Menschen gab, das nicht angesprochen werden darf. Ein TABU.

Noch Interessiertere werden wissen, dass die sogenannte grüne Bewegung, wenn wir unter diesen Begriff sämtliche Oppositionellen fassen wollen, zerfressen ist von Misstrauen und Ressentiments.

Zweifelnde werden fragen: Was soll das für eine Freiheit sein, die da ausdauernd gefordert und besungen wird? Ist es die Freiheit des Marktes? Oder ist es die Freiheit, sich den eigenen Henker selbst zu wählen (das tun wir hier in Deutschland schließlich auch, wenn auch nicht sehr motiviert).

Antwort auf das, was die Menschen dazu bringt, dennoch auf die Straße zu gehen, Gefahren zu trotzen und solidarisch zu sein mögen ein Lied, ein Brief aus dem berüchtigten Evin Gefängnis und ein Video sein – das der Mobilisierung dient.
S.

My Schoolmate - Yar-e Dabestani-e Man

My schoolmate
You’re with me and going along with me
The alphabet stick is above our heads
You’re my spite and my woe
Our names have been carved
On the body of this blackboard
The stick of injustice and tyranny
Still remains on our body

This uncivilized plain of ours
Is covered with weeds
Good, if good
Bad, if bad
Dead is the hearts of its people
My hand and yours
Should tear up these curtains
Who can, except you and I
Cure our pain?

My schoolmate
You’re with me and going along with me
The alphabet stick is above our heads
You’re my spite and my woe
Our names have been carved
On the body of this blackboard
The stick of injustice and tyranny
Still remains on our body

Bahareh Hedayat schreibt aus dem Evin Gefängnis an ihre KomilitonInnen:
Meine geduldigen Brüder, meine mutigen Schwestern: Der Winter bringt uns ein weiteres Mal den Monat Azar (Dezember), einen Monat, in dem wir dem Herzen der Finsternis einen Schlag versetzen können, einen Monat, der immer uns gehören wird. Die kalten Steinmauern des Evin-Gefängnisses mit seinen endlosen Tagen und Nächten versuchen vergeblich, eine Distanz zwischen euch und mir aufzubauen, aber ich erinnere mich noch immer an all die Studententage, die wir in unserer Sehnsucht nach einer grünen, hellen und sonnigen Zukunft miteinander verbracht haben.
Obwohl sie zwischen uns eine Mauer errichtet haben, bin ich noch immer bei meinen Kommilitonen und Kommilitoninnen, und wir singen Seite an Seite, Hand in Hand, die alten Lieder und recken unsere Fäuste in den Himmel, rufen in die Welt hinaus, dass die zwischen uns existierende Liebe von keinem Hindernis der Welt beeinträchtigt werden kann. Trauer und Einsamkeit haben in meinem Herzen keinen Platz, denn unsere Empathie füreinander ist unbeschadet.
Quelle: Daneshjoo News/Persian2English, 5. Dezember 2010 -

(Bahareh Hedayat ist Mitglied der im Jahre 1979 gegründeten iranischen Studentenorganisation „Büro zur Konsolidierung der Einheit“ (Tahkim Vahdat). Sie war im Dezember letzten Jahres zum fünften Mal verhaftet worden und ist zu 9,5 Jahren Haft verurteilt. Das ist die längste gegen ein Mitglied der Vereinigung verhängte Haftstrafe seit ihrer Gründung. Seit ihrer Inhaftierung wurde sie mehrmals in Einzelhaft verlegt und verhört, wobei sie stark unter Druck gesetzt wurde.
Bahareh Hedayat hat anlässlich des iranischen Studententages, der am 7. Dezember (16. Azar) begangen wird, folgenden Brief geschrieben.)