Es waren um die zehntausend Menschen, die sich an diesem sonnigen Samstag in Berlin sammelten. Plakate wurden geschrieben, Musik gemacht. Seifenblasen schwebten über den Platz am Neptunbrunnen. Die jungen Spanier, die im Sommer den Pariser Platz zu einem Teil Madrids machten, stellten Regenschirme – in Anlehung an die Rettungsschirme – bereit.
All das machte mehr den Eindruck eines Festes als den eines Protestes. Trotz der Forderungen, die auf den Transparenten und Plakaten zu lesen war. Anders als bei anderen Großdemos waren die Beteiligten auch andere. Nur eine Partei zeigte Flagge. Ansonsten gab es viele junge Leute – die Generation “Facebook” – und die Älteren, denen die gesellschaftliche Entwickung nicht gleichgültig geworden ist.
Es gab keine Rednertribünen und keine “Hauptredner”; es gab aber ein offenes Mikrophon für jeden, der meinte, etwas sagen zu müssen.
Ja, das ist anstrengend. Aber auch eine Lehrstunde in Demokratie – und ein Lernprozeß.
Es ist nicht abzusehen, ob sich daraus und was sich daraus entwickeln wird. Es ist bisher keine politische Bewegung; aber es ist eine gesellschaftliche, die man guten Gewissens als “Graswurzelbewegung” ansehen kann. Nicht nur, weil einige den Rasen vor dem Reichstag besetzten.
Dass – wie auch bei der Anti-Papst-Demo – ein paar Dummköpfe der Meinung waren, Randale wäre ein geeignetes Mittel gesellschaftlicher Auseinandersetzung, ist bedauerlich und eher kontraproduktiv (zumal einige Privatsender die Berichterstattung einzig darauf beschränkten).
Hier formiert sich eine neue Bürgerbewegung. Eine, die sich selbst noch nicht viel zumutet und eine, die sich erst konstituieren muss. Einig sind sie sich nur darin, dass das bestehende Wirtschaftssystem, dass die Schere zwischen Arm und Reich immer weiter klaffen läßt, verändert werden muss. Die Einen fordern dafür eine Revolution, die anderen wollen das erst einmal ausdiskutieren.
Nic
[geschrieben für und erstveröffentlicht beim hpd]
Fotos gibt es an dieser Stelle und an jener