Vor 60 Jahren wurde im Düsseldorfer Eugen Diederichs Verlag unter dem Titel Ich schreibe mein Herz in den Staub der Straße ein kleiner Lyrikband veröffentlicht, der mit seinen 48 Seiten zu einem der erfolgreichsten deutschen Gedichtbücher der frühen Nachkriegszeit werden sollte. Bis 1955 erreichte er acht Auflagen mit insgesamt 21 000 Exemplaren.
Sein angeblich in Indochina verschollener Autor George Forestier erntete nicht nur großes Lob von Gottfried Benn und Karl Krolow, sondern wurde auch von manchen Literaturkritikern als erstrangige lyrische Begabung gefeiert. So schrieb die FAZ, die vorab einige Gedichte aus dem Band abgedruckt hatte, daß Forestier durch alle Stationen des Kreuzwegs seiner Generation die unruhvolle Genialität des Abendlandes gelebt und gedichtet habe. Und die Frankfurter Abendpost meinte, Forestier habe alles getan, was ein Mensch von heute für die Lyrik tun kann.
Daß Dichterkollegen, Literaturkritiker und zahlreiche Leser sich offenbar für Verse wie Wenn die Lotosknospe springt, / knallt im Dorf die Handgranate. / Wenn der junge Bambus blüht, / werden die Kanonen reden … begeistern konnten, dürfte in erster Linie auf die Biographie des Autors zurückzuführen sein. George Forestier, der 1921 als Sohn eines Franzosen und einer Deutschen geboren worden war und im Zweiten Weltkrieg auf Seiten der Nazis gekämpft hatte, trat nach Kriegsende in die Fremdenlegion ein und wurde nach Indochina geschickt, wo sich 1951 seine Spur verlor. Vorher hatte er einem Kameraden noch eine Kladde mit Gedichten übergeben..
Schöner kann man die Biographie eines ›Frühvollendeten‹ kaum erfinden. Daß der deutsch-französische Poet George Forestier, der gar mit Rimbaud verglichen wurde, nie existiert hat, wurde 1955 bekannt. / Axel Kutsch, KuNo